20070927

Budweiser Plastikgullis

Wenn in China Stahl benötigt wird, werden in Budweis die Gullideckel gestohlen. Die Globalisierung macht auch in der heilen südtschechischen Kleinstadtwelt nicht halt, die sich nun vor Schrottdieben schützen muss, die die Sicherheit ihrer Bürger gefährden. So lange der Preis für Plastik nicht steigt, sind die neuen Plastikgullideckel jedoch vorerst sicher.

"Die Witzemacher sind jedenfalls angestachelt. Ihre neue Kreation lautet: `Weshalb regt sich Putin über die bei uns geplante US-Rakentenabwehrstation auf? Das Ding wird maximal drei Tage stehen, bis sich jemand findet, der es in Einzelteilen auf dem nächsten Schrottplatz verscherbelt.' "

Der ganze Artikel findet sich in presse.com

20070924

Per Laken durch Prag

Die trunkene Wahrheit und nichts als die Wahrheit berichtet heute die taz unter einer treffenden Überschrift: "Prag und die Hölle - besetzt von Engländern"

Die berühmt berüchtigten Engländer trifft man als Transvestiten oder Krankenschwestern, als t-shirtlose Männer oder minirocktragende Frauen - egal bei welchem Wetter. Beliebt sind die Pubs im Zentrum mit englischem Fußball und englischen Preisen. All dieses zusammen führt zu Geschichten, von denen der britische Botschafter in Prag nur berichten kann...
"Peter Wickenden, dem britischen Botschafter in Tschechien, bleiben viele seiner Landsleute ebenfalls unvergessen. Neulich klingelte mal wieder das Not-Telefon mitten in der Nacht. Es war ein Ehemann in spe, der nicht nur seine Bezugsgruppe, sondern auch seine Brieftasche verloren hatte und nicht mehr wusste, in welchem Hotel er abgestiegen war. Einmal, so erzählte Wickenden dem Guardian, stand einer vor der Botschaft und war nur in ein Laken gehüllt, weil ihm mitten in Prag seine gesamte Kleidung irgendwie abhandengekommen war. Wie das passiert war, konnte er sich nicht erklären." (ganzer Artikel)

20070921

Prager Botschaft

Ein Anfang vom Ende der DDR war die 54-tätige Besetzung der Prager Botschaft durch Bürger der DDR und deren erfolgreiche Ausreise in die BRD.
Wer sich die Ereignisse in Form einen "Eventmovies" noch einmal vor Augen fürhren lassen will, sollte am Sonntagabend RTL einschalte. Die PResse berichtet vorab nur gutes. So berichtet die Aller Zeitung: "Der Film „Prager Botschaft“, Höhepunkt des jährlichen Fernsehwettstreits um den Preis für den besten TV-Beitrag zum 3. Oktober, ist ein spannendes Stück Zeitgeschichtsfernsehen geworden, ... . 18 Jahre nach den Ereignissen ist es RTL gelungen, aus der letzten Schlacht des Kalten Krieges großes Fernsehen zu machen."

In wie fern sich Tschechen an dieses Ereignis erinnern oder wie es in Tschechien wahrgenommen wurde, ist mir leider nicht bekannt. Falls sich aber jemand (egal woher) noch an diese Zeit erinnert, so würde ich mich über einen Kommentar freuen.

Beitrag des Deutschen Roten Kreuzes zum Film

20070918

Olympische Wäscheständer

Die goldenen tschechischen Hände sind nicht nur ein Mythos. Selbst der legendäre Emil "die Lokomotive aus Prag" Zatopek, passte sich der kommunistischen Mangelgesellschaft an und formte aus Sportgeschichte Wäscheständer und Besen, aber lesen Sie selbst ...

"Manche Medaillen hat Topek (Emil Zatopek) verschenkt, und auch aus dem Rest machte er sich nicht viel. Als eines Tages unser Besen nicht mehr kehrte, nahm Emil meinen Gold-Speer von 1952 von der Wand, schraubte die Spitze ab, schmirgelte ihn zurecht und brachte Borsten an. Was soll ich sagen? Er leistet bis heute gute Dienste." Zuvor hatte Zatopek aus einem Olympia-Speer einen Wäscheständer gebastelt.

Den ganzen Artikel zu Dana Zatopka, der Wittwe von Emil Zatopek, und allen olympischen Wäschständern finden Sie bei ntv.de

20070914

Pavel le Taxi

Wer sich demnächst mal wieder entscheiden sollte, bei einem Kurzbesuch in Prag, ein Taxi zu nehmen, der muss sich leider immer noch vor unkostendeckenden Taxifahrern und trinkgeldaufbessernden Kellner in acht nehmen. Da hilft entweder nur, immer die Karte vorher zu erfragen oder bei einem seriösem Taxiunernehmen eine Fahrt zu bestellen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet (mal wieder) ...
"Oberbürgermeister Pavel Bem, ein führender Mann der konservativen Partei ODS, machte selber schon die Probe aufs Exempel. Vor zwei Jahren kostümierte er sich als italienischer Tourist und stieg in ein Taxi - mal zahlte er das Doppelte, mal das Sechsfache des Erlaubten."

Eines Tages werde ich dir Prag zeigen ...

Nachruf: Karel Lomský (Geb. 1944)

„Eines Tages werde ich dir Prag zeigen.“


„Mit dem Hut in der Hand streife ich umher / in den Gässchen von Prag / und berühre die Steine. / Sie sind rau, aber der Dichter hat sie geküsst.“ – „Wer hat das geschrieben?“, unterbricht die junge Frau Karel. Jaroslav Seifert hat das geschrieben. Karel liest weiter: „Mein ganzes Leben lang hab ich Prag geliebt, / wie es alle unsere Dichter geliebt haben. / Vielleicht noch mehr, weil ich oft unglücklich war.“ Dann bricht er ab, schaut die junge Frau an, sagt: „Eines Tages werde ich dir Prag zeigen.“

20070913

Eastern Gastarbeiteri

Wer immer noch der Vorstellung anhängt, dass es sich bei Tschechien um ein Land von tausenden, auf gepackten Koffern sitzenden, arbeitssuchenden, potenziellen Auswanderen handelt, der sollte sich einmal dem grauen Vollbeschäftigungsalltag in Prag widmen.

Während in Deutschland noch Politiker von der "Vollbeschäftigung" träumen, ist in Prag und anderen Teilen Tschechiens dieser Traum schon wahr. Der Traum kann aber schnell wieder platzen, denn Tschechien leidet genau wie Deutschland an einem mittlerweile erheblichen Fachkräftemangel, der die derzeitige tschechische Regierung, an einem Konzept zur Einführung einer "Greencard" für Nicht-Eu-Fachkräfte arbeiten lässt.


Hierzu berichtet die Berliner Zeitung: "Greencard und Gastarbeiter, die Öffnung der Arbeitsmärkte - auch die Tschechen debattieren längst über die großen Fragen der Globalisierung. Doch fordert die Regierung in Prag etwa die vorzeitige Aufhebung der Übergangsregelungen der alten EU-Staaten, unter dem Druck von tausenden böhmischen Billiglöhnern, die es in den Westen drängt? Kündigt sich ein Exodus tschechischer Arbeitskräfte an?" (ganzer Artikel)

Weitere Artikel zum Thema:

Wiener Zeitung: Tschechien will Green Cards audgeben

OÖNachrichten: Tschechien plant „Green Card“

ORF: Industrie-Nachbar Tschechien

Lesenswertes: Gastkommentar des Historikers und Publizisten Lothar Höbelt in der Wiener Zeitung zum derzeitigen Verhältnis von Tschechien und Österreich

20070423

die kunst der kunstfigur

Die Kunst der Kunst sich selber zu erschaffen, vollendete ein (oder mehrere Künstler) scheinbar mit dem Maler Bohumil Samuel Kecir. Nach Zeitungsberichten soll der Künstler nie gelebt haben, aber seine Bilder wechseln noch heute für mehrere tausend Euro die Besitzer.
"Eine Biografie, laut der der angeblich 1904 geborene Künstler unter Nazis sowie Kommunisten gelitten habe und 1987 in einer Heilanstalt gestorben sei, sei vermutlich völlig erfunden, berichtete die Prager Zeitung «Lidove noviny». Während tschechische Kunstexperten von einem offensichtlichen Betrug sprachen, wies der Wiener «Kecir-Spezialist» Erich Tromayer den Verdacht zurück. Er habe Kecir zwar nicht persönlich gekannt, der Künstler habe aber tatsächlich gelebt, sagte Tromayer, der über den angeblichen Maler ein Buch geschrieben hat. Hingegen hätten Recherchen des tschechischen Fernsehsenders TV Nova sowie der Zeitungen «Hospodarske noviny» und «Respekt» keinen zweifelsfreien Hinweis für die Existenz von Kecir erbracht, hieß es in Prag." (ganzer Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung)

Wo nun der Skandal genau liegt, ist beim zweiten Hinsehen gar nicht mehr so offensichtlich wie man denkt. Denn die Frage lautet: "Wer hätte da wen betrogen?
Betrug wäre doch:
1. Wenn ein anderer sich als eine existierende Person ausgibt um sich persönliche Vorteile/Bereicherung zu erschleichen.
2. Gefälschte Bilder in Umlauf bringt.

Beides scheint aber nicht der Fall zu sein. Hier hat doch bloß jemand eine Kunstfigur geschaffen, die ein Leben lang nur "eigene" Werke produziert und verkauft hat. Für einen Käufer ergibt sich daraus weder ein falscher Wert noch ein Qualitätsverlust. Es belibt immer in der Verantwortung des Käufers rechtmässigkeit des Kaufes zu prüfen." (Leserkommentar in der Wiener Zeitung)

Vielleicht ist es nur ein raffinierter Betrug an unserer Markenkultur?

Links: ausführlicher Artikel in Die Welt - Der Maler den es nie gab
Wikipedia -
Bohumil Samuel Kecir

20070419

Cuneks Weisheiten

Eine Anleitung wie man sich am besten Sozialleistung in Tschechien erschleicht, veröffentlichte der Vorsitzende der Christdemokraten Jiri Cunek in einem Interview mit der tschechischen Bild-Zeitung "Blesk":

Die Schritte zum Erfolg:

1. Lassen Sie sich kräftig bräunen!

2. Veranstalten Sie mit Ihrer Familie einmal richtig Chaos!

3. Machen Sie ein Feuer auf dem Marktlatz Ihrer Heimatstadt!


Die Preisfragen: Welche Sprache müssen Sie noch beherrschen, um Punkt 1 - 3 erfüllen zu können?

Wen hat Herr Cunek als "Geschwür" bezeichnet, das "Dreck macht"?
Welche Bürger mit Mietrückstand hat Herr Cunek zwangsumsiedeln lassen?
Wem auf Anhieb keine Antworten einfallen, hat die Möglichkeit das Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdacht zu verfolgen, da Herr Cunek die Herkunft von fast einer halben Million Kronen (17.879 Euro) nicht erklären kann, die er von einer Immobilenfirma für die Bevorzugung bei einem Auftrag erhalten haben soll.

Den Blick frei auf den Zustand der tschechischen Gesellschaft und auf die politische Klasse machen die tschechische Zeitungen "Hospodarske noviny" und "pravo".
Zitiert von Radio Prag:

" ´Die Hospodarske noviny verweisen darauf, dass es dort, wohin Cunek - damals noch als Bürgermeister von Vsetin - die Roma umgesiedelt hat, nämlich nach Vidnava / Weidenau, dass es dort sogar ein "Weißer" schwer habe Arbeit zu finden. Weiter heißt es:
"Darüber hinaus ist Cuneks Ratschlag, sich zu bräunen, riskant: Zu stark gebräunten Tschechen könnte es leicht passieren, dass sie in Ostrava / Ostrau nicht mehr in die Restaurants gelassen werden (wie die drei Roma, die vergangene Woche eine Entschuldigung vor Gericht erstritten haben). Und zu stark gebräunten Tschechinnen könnte es passieren, dass der Arzt sie nach einer Entbindung sterilisiert, falls es ihm scheint, dass sie irgendwie schon ziemlich viele Kinder haben (wie Helena Ferencikova, der das nicht zu kommunistischen Husak-Zeiten, sondern im Jahre 2001 passiert ist). Cunek sollte den Leuten etwas empfehlen, was man sich - im Unterschied zur Hautfarbe - wirklich aussuchen kann. Zum Beispiel eine Mitgliedschaft bei den Christdemokraten. In den großen Parteien funktioniert schon ein Selbstreinigungs-Mechanismus. Aber bei den Christdemokraten kann man noch labern, was einem einfällt und dabei, mit einem polizeilichen Ermittlungsverfahren am Hals, in der Regierung sitzen. Die Partei lässt einen nicht fallen.'

Die linksliberale Tageszeitung Pravo lenkt den Blick von Jiri Cunek auf die gesamte tschechische Gesellschaft:
'Wie auch immer Vizepremier Cunek endet - ob mit einem Auftrittsverbot für die politische Bühne wegen rassistischer Äußerungen, oder im Gefängnis wegen Korruption oder - im Gegenteil - vielleicht sogar auf der Burg als Megafon für die einfachen, radikalen und beliebten Pseudo-Lösungen komplexer Probleme. Seine Rolle hat er schon erfüllt: Ohne es zu beabsichtigen, zeigt er beinahe umfassend, wie es um die tschechische Gesellschaft und die große Politik bestellt ist.' "
Quellen:

20070418

Intime Erleichterung

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung wird die Situation im Grenzgebiet passend auf den Punkt gebracht. Über intime Erleichterung bayrischer Kunden und garantiert gefälschte Markenware, zeigt sich ein Bild Tschechiens, dass mit dem Rest dieses Landes oft nur wenig gemeinsam hat.

"... In dem nur knapp vier Kilometer vom Grenzübergang Philippsreut entfernten Ort dominieren, wie fast überall im böhmischen Grenzland, heruntergekommene Verkaufsbuden das ohnehin karge Ortsbild: Asiatische Händler bieten garantiert gefälschte Markentextilien und original Schwarzmarkt-Videodiscs mit den neuesten westlichen Kinohits in übelster Qualität zu Schleuderpreisen an, dazu in rauen Mengen Zigaretten von zweifelhafter Herkunft. ...
Neben den Buden residieren in heruntergekommenen Häusern allerlei Massageclubs, in denen der männlichen Kundschaft, vorzugsweise aus dem nahen Bayern, sehr offensichtlich intime Erleichterung versprochen wird. ..."

Es wird hier auch treffend die Frage gestellt: "Es ist bemerkenswert, dass sich derartige Zusammenballungen von mutmaßlicher Schieberware und offenkundigen Urheberrechtsverletzungen in einem Mitgliedsland der EU bis heute halten können. Solche Asiatenmärkte gibt es nun immerhin schon im 17. Jahr." (ganzer Artikel auf sueddeutsche.de)

Korruption? Überlasteter Zoll? Angst vor dem Wegbleiben deutschen Grenzgänger?

20070417

Die goldene Mitte

Was mit einem harmlosen Lied für eine Gehaltserhöhung begann, geht schon soweit, dass selbst Präsident Klaus sich in die Tarifverhandlungen bei Skoda einschaltet. Der Ökonom warnte vor einem zu hohen neuen Tarifabschluss für die Beschäftigten von Skoda, die mit einer, für deutsche Verhältnisse "utopischen", Gehaltserhöhung von 20% in die Verhandlungen gehen. So schreibt die Sueddeutsche Zeitung, dass es Ziel sei sich VW, dem Mutterkonzern, anzupassen:

"Nicht nur wegen der hohen Prozentzahlen, die sich indes je nach Laufzeit relativieren, erregt der Tarifkonflikt Aufsehen. Ökonomen befürchten, ein hoher Abschluss werde ,,die Wirkung einer Lawine haben‘‘, wie der Präsident der tschechischen Wirtschaftskammer, Jaromir Drabek, erklärte. Staatspräsident Vaclav Klaus eilte ins Skoda-Werk Kvasiny und warnte vor ,,einem Signaleffekt für die ganze tschechische Wirtschaft‘‘. Was die Gewerkschaften als eine ,,völlig unangebrachte Einmischung in die Tarifautonomie‘‘ empfanden.
Die Skoda-Arbeiter haben ihre eigenen Maßstäbe. Zwar liegt ihr Monatslohn von derzeit 22.000 Kronen (790 Euro) brutto um fast zehn Prozent über dem Durchschnittseinkommen in Tschechien. Doch sie orientieren sich auch an ihren Kollegen im VW-Konzern, die in Deutschland mehr als das Dreifache verdienen, wenn auch bei niedrigerer Kaufkraft und höheren Steuern." (ganzer Artikel in der Sueddeutschen Zeitung)
Zu bedenken ist jedoch auch, dass ein höheres Einkommen, auch einen höheren Konsum nach sich zieht, was wieder dem Binnenmarkt zu Gute kommt, höhere Lohnkosten aber die Wettbewerbsfähigkeit von Skoda beeinträchtigen.
Wo liegt also die "goldene Mitte"?
Aktuell
Links:
Wikipedia: Škoda Auto
Skoda-Emblem: "SkodaUm den gepflügelten Skoda-Pfeil ranken sich Legenden. Eine besagt, dass der damalige kaufmännische Direktor von einer Reise einen Indianer als Diener mitbrachte. Dessen Kopfschmuck ziere das Logo. Offizielle Erklärung: Der Schwarze Kreis steht für den Globus, der Flügel für Fortschritt. Der Pfeil soll das Bautempo darstellen, das Auge die Skoda-Vision." (aus einfach-autos.de)

20070416

Amtsenthebung

Einen traurigen Anlass zur Berichterstattung über Tschechien liefert der Bischof der Hussitischen Kirche in Prag Karel Bican, der seines Amtes enthoben wurde. Grund hierfür waren obszöne Angebote an einen jungen Mann, die mitgezeichnet wurden. Besonders traurug an dieser Angelegenheit ist, dass der Bischof nicht freiwillig zurückgetreten ist, sondern seines Amtes enthoben werden musste. Es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sonst der Bischof aus dieser Affäre ziehen wollte. Mit welcher Glaubwürdigkeit wollte er sein Amt denn weiterführen?
(ganzer Artikel in der Netzeitung)

Tschechoslowakische Hussitische Kirche
Wikipedia: Hussiten

20070413

Prager hAmpelmann

Dass die Tschechen Humor haben und einige auch keinen, zeigt die Aktion eines unbekannten tschechischen Künstlers, der die Ampelmännchen ausgetaucht und ein paar "echte" Prager hAmpelmänner eingesetzt hat.
Die ganze lustige Chose findet sich in der Sueddeutschen Zeitung
Weitere hAmpelmänervorschläge werden hier gerne entgegengenommen!

20070411

Chanson pour l'argent

In den Skoda-Werken im böhmischen Mlada Boleslav wird zur Zeit um eine Lohnerhöhung gesungen. Mit einem "Lied im 'im Stil der Disco-Hits der achtziger Jahre': Ihr kassiert hier ab und haltet uns knapp, die Realität kennt ihr schlecht, bezahlt uns endlich gerecht." Es ist wahrscheinlich zu vermuten, dass sich dauersingende Streikposten in der Vorstandsetage einquartiert haben und dort solange schief gesungen wird bis die Damen und Herren der Vorstandsetage allen Forderungen bedingungslos zustimmen. Da Tschechien dieses Jahr auch zum ersten Mal am großen Grand Prix d'Eurovision de la Chanson teilnehmen wird, kann man sich zur Not noch hier bewerben, falls es mit der Lohnerhöhung nicht klappen sollte. Musikalisch und Textlich wird man sich sicher dort auf einer gemeinsamen Ebene bewegen ...
(ganzer Artikel in die Kleine Zeitung)

20070405

Radarfalle Trokavec


In Die Zeit kämpft ein böhmisches Dorf für den Weltfrieden. Das dieses etwas utopisches an sich hat, ist wohl nicht zu bestreiten. Deswegen kämpft man gleichzeitig noch für einen guten Fernsehempfang. Einen Einblick, welche Auswirkungen die Weltpolitk auf ein Dorf mit 98 Einwohnern, einer Kneipe und keinem Wasseranschluss hat, gewährt uns unter "Das Dorf ist voll" Die Zeit. (ganzer Artikel)

Dass es für tschechische Politiker noch ein großes Stück arbeiten werden kann, die Menschen in den betroffenen Gemeinden von der Notwendigkeit des Baus einer solchen geplanten Radaranlage, zu überzeugen, lässt sich beim Bürgermeister von Takovec erahnen: "Wissen Sie, ich kenne mich mit Radaranlagen ein bisschen aus. Ich habe früher mit Radartechnik gearbeitet, und ich denke, es ist eine Schweinerei, eine solche Anlage in der Nähe bewohnten Gebiets aufzustellen. Eine Schweinerei, zitieren Sie mich damit!"

Es stellt sich die Frage: Wird es ein Kampf gegen Windmühlen a la Don Quichote? Oder kann das kleine gallische Dorf gegen die Übermacht der Römer standhalten? Time for a comment!

20070328

Charming Germans


Dass wir Deutschen nicht nur Ordnung und Sauberkeit lieben, sondern auch als die charmantesten Deutschen gelten können, davon wird sich "EU-Nörgler" Präsident Vaclav Klaus bei einem vierstündigem Treffen mit Bundespräsident Horst Köhler überzeugen können, der damit in die "Fussstapfen" von Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt, die schon am Wochenende beim EU-Gipfel versuchte, neben guten Argumenten, durch Ihren Charme Klaus zu überzeugen. "Tschechische Medien spekulieren deshalb im Vorfeld des Köhler-Besuchs bereits über eine deutsche Charmeoffensive. Erst im Januar hat Bundeskanzlerin Angela Merkel als amtierende EU-Ratspräsidentin in Prag für eine Fortsetzung des europäischen Verfassungsprozesses geworben. Bei den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Römischen Verträge am Wochenende in Berlin suchte Angela Merkel demonstrativ die Nähe des tschechischen Präsidenten, der beim offiziellen Fototermin direkt neben der Kanzlerin stand – kein Zufall, vermuten die Prager Zeitungen." (aus "Köhler will in Tschechien für Europa werden" aus Der Tagesspiegel)

Links:
www.bundespraesident.de
Wikipdia: Horst Köhler

20070327

Ausgeprägte Euroneurose



Zur Skepsis Tschechiens und insbesondere zur ablehnenden Haltung des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus zu jeglicher Art von europäischer Verfassung, veröffentlicht der Deutschlandfunk heute einen Kommentar. Die Frage lautet, was die Beweggründe für diese Haltung sind: Die "Beweggründe sind vielschichtig. Bei Vaclav Klaus gehört offenbar eine ausgeprägte Euroneurose dazu. Wie die zu bewerten ist, hat ein kleiner, stellvertretender Minister in Prag heute klar gestellt. Klaus' Meinung sei nur eine unter vielen, sagte er, und fügte hinzu, wenn auch die lauteste. Die übrigen Motive der Vertrags- und Verfassungsskeptiker sind rationaler, und das heißt: Man kann mit ihnen umgehen,, zum Beispiel mit der Kritik am Vorsatz, dass der neue EU-Vertrag unbedingt 2009 in Kraft treten soll. Dafür muss der Vertragstext aber bereits Ende 2007 in trockenen Tüchern sein. Und das behagt Prag und Warschau gar nicht, weil ab 2008 wieder über die Verteilung der Finanzmittel der EU gestritten wird.
Es ist eben eine Verlockung, die EU-Verfassung zur Geisel der eigenen Habsucht zu machen. Darüber mag man sich aufregen, doch Altruismus zählte noch nie zu den Grundwerten der EU. Und dann ist da noch die zumindest teilweise verständliche Verbissenheit, mit der Prag und Warschau sich grundsätzlich gegen die Übertragung von Souveränitätsrechten auf die europäische Ebene wehren. Nach Jahrzehnten unter sowjetischem Joch und nach deutscher Besatzung ist den Regierungen in Prag und Warschau einfach nicht danach." (ganzer Kommentar "Bruderschaft von kurzer Dauer" von Peter Kapern)

Wikipedia: Vaclav Klaus

20070326

lahme Presseorgie

Die Enttäuschung war Samstag abend relativ groß. In Deutschland hat man sich aber hauptsächlich mit der eigenen Mannschaft beschäftigt oder wie Franz Beckenbauer mal wieder Großmachtsfantasien entwickelt ("Wir sind die Nummer 1 in Europa ..." usw.). Wenn man bedenkt, dass man gegen den Nachbarn und engen Rivalen verloren hat, so berichtet auch die deutsche Presse fast nur über die tschechische und deren Selbstanprangerung. Zu lesen ist von "Nacht der Schande" bis "Schnell vergessen!" so die Pressestimmen in der FAZ unter "An die Wand gespielt.". Den "Kater" fasst sport1.at passend zusammen: "1:2! Nacht der Schande für Tschechien."
Die Netzeitung schreibt eine schöne Gute-Nacht-Geschichte, die natürlich immer schön zu lesen ist. Die Überschrift "Tschechen feiern nach Niederlage Orgie" hält aber nicht, was sie verspricht.

Da die Nachfrage nach Tickets bekanntlich das Angebot bei solchen Spielen meist größer ist, entschied das Losglück über ein Ticket. Radio Prag begleitete einen tschechischen Fan während der Neunzig Minuten im tschechischen Fanblock - zum Artikel "Mittendrin statt nur am Fernseher"

Die befürchteten Ausschreitungen blieben aus. Bis auf 23 Festnahmen unter denen 7 Deutsche waren, blieb es ruhig in Prag. "Deutsche Fans vor dem Spiel festgenommen". So sprach auch der deutsche Innenminister von einer guten Zusammenarbeit zwischen der Polizei Tschechiens und Deutschlands. (aus "Effektive Zusammenarbeit anlässlich des Länderspiels" aus der Hochrhein Zeitung)
Am Rande muss noch erwähnt werden, dass sich "Ost-Pop-Ikone" Vondrackova leicht versungen hatte und scheinbar die Schwierigkeiten der deutschen Nationalhymne unterschätzte. Über die etwas zu kurz geratene Hymne lesen wir bei n-tv.de in "Zu kurze Hymne in Prag". Doch sie erreichte nicht das Niveau von Sarah Conner mit ihrer legendären Interpretation "Brüh im Lichte dieses Glückes..." anno 2005.

Dass das Spiel von den deutschen Fans auch auf eine politische Ebene gebracht wurde, erkannte passend Rob Alef in seinem Blog "Volk ohne Raumdeckung": "Ansonsten zeigt sich der Erfolg der europäischen Idee an dem Umstand, dass die deutschen Fans in Prag “Auswärtssieg, Auswärtssieg !!” skandierten. Subtiler und zugleich glaubwürdiger hätte sich nicht zum Ausdruck bringen lassen, dass niemand mehr Anspruch auf die sudetendeutschen Gebiete erhebt. Eine schöne Geste, passend zum EU-Gipfel in Berlin." (in "Der Saum des Mantels des Bondcoachs")

20070322

Klaus Environtalismus

"Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hat den Umweltschutz mit dem Kommunismus verglichen. Die größte Gefahr für die Freiheit, Demokratie, Marktwirtschaft und Prosperität am Anfang des 21. Jahrhunderts sei nicht der Kommunismus oder seine "weicheren" Varianten. 'Der Kommunismus wurde durch die Gefahr eines ehrgeizigen Environmentalismus ersetzt', betonte Klaus in einer Antwort auf die Fragen von amerikanischen Kongressabgeordneten, die den tschechischen Staatschef um seine Auffassungen zum Thema der globalen Klimaveränderungen ersucht hatten. ...
Die Ideologie des Environmentalismus predige, dass es ihr um den Schutz der Erde und der Natur gehe. Unter diesem Slogan wolle sie jedoch - ähnlich wie einst die Marxisten - eine freie und spontane Entwicklung der Menschheit durch eine bestimmte Art einer zentralen - nun globalen - Planung der ganzen Welt ersetzen, meinte Klaus.
Die Environmentalisten betrachten laut dem tschechischen Staatsoberhaupt ihre Ideen als "die unbestreitbare Wahrheit". Ihre Argumentation basiere auf der Verbreitung von Angst und Panik durch die Behauptung, dass die Zukunft der Welt ernsthaft gefährdet sei, so Klaus." (ganzer Artikel in der Wiener Zeitung)

Aktualisierung:
Damit sich jeder eine eigene Meinung bilden kann, hier ein Interview im Original mit der Zeitung Hospody noviny über den Mythos "Globale Erwämung" sowie die deutsche Fassung.

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Panenkas Erben

Pünktlich zum EM-Qualifikationsspiel in Prag zwischen Tschechien und Deutschland erhöht auch die deutsche Presse den Druck. Hier die wichtigsten und interessantesten Vor- , Nach- und Rückblicke zur tschechischen Mannschaft.

Die Bild schürt die Angst vor Bierhoff Double Jan Koller, dem 2,02m großen Stürmer vom AS Monaco. Entsprechender verbaler Seitenfallzieher à la Bild fehlt auch nicht. Bild in "Löw: Riesen-Angst vor 2,02-m-Koller": "Als wir vor drei Jahren mit 1:2 gegen die Tschechen aus der EM flogen und Rudi Völler zurücktrat, saß Koller auf der Bank. Das wird am Samstag nicht so sein. Hoffentlich kriegen wir diesmal keinen Koller ... "

Die mögliche Aufstellung Tschechiens und die Nachnominierung von Vlcek (Wölfchen), vor dem die Bild zumindest vom Namen her mehr Angst haben sollte, findet sich in Czech Football Daily (eng.)

In Die Zeit erinnert man sich an die Ausschreitungen beim Freundschaftspiel in Bratislava gegen die Slowakei letzten Oktober "Länderspiel gegen Tschechien: Furcht vor deutschen Randalierern" und fragt sich wie Der Tagesspiegel in "Spielverderber": "Wie wollen die Sicherheitsbehörden Randale in Prag verhindern?".
Prager Zeitung: "Hooligans in Prag"
Oberpfalznetz: "Internationales Aufgebot gegen Hooligans "
Netzeitung: "´Problemfans´ halten Grenzpolizei auf Trab"
ddp: "Hooligans an Grenze zu Tschechiens gestoppt"

Über den überaus sympatischen und biergemütlichen tschechischen Nationaltrainer Karel Brückner berichtet Der Tagesspiegel: "Väterchen Brückner: Tschechiens Nationaltrainer hat auch durch den Misserfolg bei der WM nichts an Ansehen eingebüßt"

Eine Respektbezeugung gegenüber der Klasse von Petr Chech in der FAZ. Um ihn zu überwinden, benötigt man wahrscheinlich viel Podolskische Unbekümmertheit: "Peter Cech - Goldene Hände, schwarzer Helm"

Ein interessantes Interview mit David Jarolim im Hamburger Abendblatt: "Gefragt war Gehorsam"

Einem Rückblick auf deutsch-tschech(oslowak)ische Duelle widmet sich Goal.com: "Yesterday: Erneutes Frühlingserwachen in Prag?" sowie in der Rheinischen Post mit dem leicht missverständlichem Titel: "Deutsche Duelle mit Tschechien"

Die Berliner Zeitung zu Tschechien: "Chance für einen Fliesenleger"
Etwas plakativ und ohne Mährens Adler titelt die Lausitzer Rundschau: " „Böhmens Löwen“ spielen auf Sieg"
Kicker: "Optimist Pavel Kuka: 'Wir haben die bessere Mannschaft` " und "Tschechen selbstbewusst vor dem Gipfel in Prag"
Sportal.de: "Tschechien - Deutschland: Der Vergleich"
Sport1.de: "Tschechien setzt auf Heimvorteil und Offensive"
Wiesbadener Tagblatt: "Sticheleien vor dem Klassentreffen"

Was macht eigentlich Antonin Panenka (siehe Foto)? Er ist wieauch ich ein echtes Känguru ... "Ein Elfmetertor für die Ewigkeit" aus Neues Deutschland (www.fc-bohemians.cz)

Wer sich bei der Nationalhymna später fragen sollte, wer die fitgespritzte Endfünfzigerin sein sollte, findet hier Aufklärung: "Ost-Pop-Ikone Vondrackova singt deutsche Nationalhymne"

gezeichnet:
FAZ Comic: "Strizz - Tausend Raketen und dann auch noch Tschechien! "

Das Spiel live im Webradio bei http://www.swrcontra.de/ mehr infos hier.

20070321

Prag 2016

Die Sadt Prag und die Tschechische Republik planen, sich für die Olympischen Sommerspiele 2016 zu bewerben. Das hört sich gut und wird bestimmt auch eine Runde Sache, besonders für Politiker, die sich in der olympischen Sonne baden können. Dass jedoch eine solche Ausrichtung große finanzielle Risiken birgt, wird aber vorerst nicht an die Öffentlichkeit dringen. (Die Montrealer Bürger zahlen noch heute die für die Spiele 1976 aufgehäuften Schulden ab.) Damit auch nicht einmal ein solcher Eindruck entsteht, haben sich die Prager Stadtverordneten zu folgendem Statement durchgerungen, dass nicht nur als Lippenbekenntnis dienen soll: "Die veranschlagten Kosten von 135 Milliarden Kronen für die Ausrichtung des Großereignisses sollen durch Gewinne wieder wettgemacht werden, so dass am Ende kein Minus für Prag entstehe, so die Überzeugung der Stadtverordneten." Na wenn das Schwejk erfahren würde ... (ganzer Artikel in Tschechien Online)
Zu diesem Thema berichtet auch die Prager Zeitung.

FAZ: "San Francisco, Los Angeles und Chicago wollen Olympia"

Handelsblatt: "Londons Olympia-Kosten explodieren"
Stern: Athen 2004 "Olympia-Kater: Das dicke Ende kommt noch"
"Prag sagt ja zu Olympia 2016!"

Land der Atheisten?

"Die Hälfte der Tschechen glaubt nicht an Gott. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage, die vom Meinungsinstitut STEM durchgeführt wurde. Demnach bezeichnen sich 50 Prozent der befragten Tschechen als Atheisten und 26 Prozent als Gläubige. 24 Prozent wollen sich bei der Gottes-Frage nicht festlegen. Die Umfrage bestätigt ähnliche Ergebnisse der vergangenen Jahre und zeigt auch, dass nach wie vor Frauen religiöser als Männer sind. Mehr als die Hälfte der Befragten ist überzeugt, dass eine Kirche für einen „modernen Menschen“ nicht notwendig sei. Befragt wurden 1222 Tschechen, die älter als 18 Jahre alt sind."
Quelle: Katholische Nachrichten

Es stellt sich die Frage, warum sind soviele Tschechen Atheisten. In Polen bekennen sich 82 % zum katholischen Glauben. ImVergleich zu Statistiken in Wikipedia ist der Anteil an Atheisten in Tschechien an der Gesamtbevölkerung verhältnismäßig groß: "Nimmt man die religiöse Selbsteinschätzung der Bürger in Umfragen als Maßstab, so liegt in den Ländern der Europäischen Union der Anteil „überzeugter Atheisten“ bei ca. 5 %. Besonders hoch ist die Rate überzeugter Atheisten in Frankreich (14,6 %), und den neuen Bundesländern Deutschlands (21,7 %).[6] In den USA liegt die Zahl überzeugter Atheisten bei 1,2 % (Stand hier: 1990)."

Erklärung hierfür ist u. a. das Verbot der Katholischen Kirche während der kommunistischen Diktatur, in der der "Atheismus" fast als Staatsreligion galt, da kein Glaube anerkannt wurde. Es kam zu Verfolgungen und Unterdrückungen von Gläubigen.

Ich möchte an dieser Stelle Pavel Cernoch zitieren, der dieses Thema seinem Aufsatz "Europa an den Ufern der Moldau - Deutschland und die Europäische Union aus tschechischer Sicht" kurz anspricht:

"Als ich neulich nach Deutschland fuhr, fragte mich eine ältere Dame im Zug, warum wir Tschechen so ein gottloses Volk seien. Während die Polen doch gute Katholiken seien, herrsche bei uns der blanke Atheismus. Ich begann meinen Versuch, ein wenig Farbe in dieses schwarz-weiße Bild zu bringen, mit der tschechischen Reformation unter Jan Hus im frühen 15. Jh, dem Prager Fenstersturz im Jahre 1618 und der kläglichen Niederschlagung der böhmischen Prostestanten durch die Katholische Liga bei der Schlacht auf dem Weissen Berg 1620. Ich wollte gerade noch etwas über den Widerstand gegen die Re-Katholisierung unter den Jesuiten in 17. Jh. sagen, als ich bemerkte, wie sich die Mine meiner Gesprächspartnerin bei dem Wort “Hussiten” in einer Weise verzog, die erahnen ließ, daß vor Ihrem geistigen Auge nicht etwa Bilder von Martin Luther und der Reformation vorbeizogen, sondern eher grausige Vorstellungen von asiatischen Horden von Hunnen, Türken, Tataren oder gar der Roten Armee."

Links:
Wikipedia - Atheismus
atheismus-info.de



20070315

Tonspion

Ein Sprichwort im Deutschen besagt, dass der Ton die Musik macht. Dass es beim Thema Temelin wahrscheinlich schwer zu einer Einigung kommen wird, liegt u. a. auch am Ton, der von den Beteiligten gewählt wird. Als Beispiel hierfür eine Äußerung aus Österreich vom FPÖ-Umweltsprecher NAbg. Ing. Norbert Hofer: "Das Melker Abkommen ist völkerrechtlich bindend, es wurde von Tschechien gebrochen. Ich sehe nicht ein, warum sich Österreich in einer so wichtigen Frage für unsere Sicherheit auf der Nase herumtanzen lassen soll. Es gibt auch keinen Grund, den Vertrag als überholt oder nicht bindend anzusehen. Durch den EU-Beitritt Tschechiens hat sich daran nichts geändert - die rechtliche Lage genauso wenig wie das Sicherheitsrisiko, das das AKW Temelin darstellt." Gegen die Tschechische Republik kann also eine Völkerrechtsklage eingebracht werden, allerdings muss Tschechien dieser Klage zustimmen. "Wenn die Zustimmung verweigert wird, werte ich das als Eingeständnis Tschechiens, seine Pflichten aus dem Vertrag nicht erfüllt zu haben", so Hofer abschließend. (ganzer Artikel aus oekonews.at)
Eine Musik, die auf Kompromissbereitschaft und auf eine Lösung der Streitpunkte aus ist, klänge im Ton vielleicht anders.

20070314

Des Klima Wandels Graus heißt Klaus

Als George Bush den Klimawandel und die Erderwärmung in das Reich der Märchen verwünschte, resultierte mein Kopfschütteln aus der Erkenntnis, dass derUnterschied der polititschen Kultur in Europa und in den USA einfach zu groß ist.


Ganz ehrlich, mir persönlich fällt da nicht mehr viel, außer dass er vielleicht bei den vielen Ehrendoktorwürden, die er als Präsident erhalten hat, das "Ehren" überlesen hat, der Herr Doktor ...
Links zum Thema Klimawandel:
wikipedia - Globale Erwärmung

Krieg der Schweine

Was unterscheidet eigentlich Tschechen und Österreicher? Wer die Zeitung aufschlägt, kommt ironischerweise nicht um das Thema Temelin herum. Während also einige Österreicher eine Grenzblockade veranstalten, wegen Ihrer Befürchtung um die nicht zu kontrollierende Gefahr der Atomenergie in Form des Atommeilers Temelin in Tschechien, so blockieren einige Tschechen aus "näher liegenden" Gründen die Grenze.
Da nach Meinung der Bauern zu wenig tschechisches Schweinefleisch in Tschechien verkauft wird und zu viel österreichisches, ist eine Grenzblockade noch für diesen Monat geplant.

Der Unterschied liegt also vielleicht darin, dass dem Tschechen der Magen näher sei als seine Vorstellungskraft des Supergaus, währen der Österreicher sich dem Supergau hingibt und sich schon an das billigere tschechische Schweinefleisch im Supermarkt geöhnt hat, natürlich alles reichlich überspitzt gesagt ...

letzte Meldung 15.03.: "Nächste Runde im Fleisch-Streit" in Wirtschaftsblatt.at
oe24.at: "Schweine-Streit mit Tschechien"
Wirtschaftsblatt.at: "Schweinekrieg: Tschechen wehren sich gegen Fleischimporte"

Links:
Wikpedia - Schweinefleisch
Agenki.de - Ernährung Schwenefleisch

Am Ende des Straßemstrichs

Leider ist das Thema Prostitution immer noch im Tschechienbild verankert, was vor allen Dingen mit der zahlungskräftigen Kundschaft aus Deutschland und Österreich zusammen hängt. (Insgesamt stellen nach Schätzungen von Radio Prag ausländische Touristen 2/3 aller Kunden.) Nach einem Grundsatzrteil des tschechischen Verfassungsgerichts, haben nun Kommunen die Möglichkeit Prostitution aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. "Verfassungsrichterin Ivana Janu: 'Es geht darum, die öffentliche Sicherheit vor Ort sicherzustellen. Im Spiel sind Sitte und Moral. Es könnte das moralische Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen bedroht sein.`
Diese Entscheidung kann zumindest das Erscheinungsbild Tschechischer Städte und Gemeinden verbessern, an dem Problem der (Zwangs)Prostitution wird sich nichts ändern. Dadurch, dass die Frauen nun aus dem öffentlichen Raum verschwinden werden, wird aber auch die soziale Kontrolle der Frauen, dadurch dass sie sich im öffentlichen Raum bewegen, wegfallen und sich diese Art von Prostitution im privaten und somit auch schutzloseren Bereich für die Frauen stattfinden. Im Gegensatz zu Deutschland (Prostitutionsgesetz), liegt auch noch kein Gesetz zur Prostitution vor, so dass die rechtliche Situation vonProstituierten und die Frage nach dem Straftatsbestand, Ordnungswidrigkeit oder nach der Anerkennung als Beruf nicht klar ist.
So berichten die Frankenpost: "Tschechien trifft Grundsatzurteil - Prostitution nicht mehr öffentlich", Tschechien Online: "Grundsatzurteil: Aus für Straßenstrich in Tschechien?" und das Oberpfalznetz: "Mehr "Sitte und Moral" im Grenzgebiet "

Links:
Wiener Prostitutionsgesetz
Tschechien Online: "Prager Straßenstrich und Kinderprostitution in Tschechien (Dossier) "

20070312

Atomkraft goldener Hände

In Tschechien ist man eigentlich stolz auf die eigenen "goldenen Hände". Dieses soll hier nicht in Abrede gestellt werden, doch fragt man sich, in wie fern hier Zukunft verschlafen wird und die goldenen Hände im Nuklearmüll versinken könnten. Dass der Atommeiler Temelin nicht zu den sichersten gehört ist bekannt und wird besonders gern in Österreich (auch oft überhöht) herausgestellt. Dass Premier Topolanek nun plant ein Atomforum in Prag zu organisieren, das eine Plattform für eine offene, professionelle und objektive Diskussion über künftige Chancen und Grenzen der Nuklearenergie sein würde, wird besonders mit Sorge in Bayern und Österreich betrachtet. Atomenergie ist vielleicht ein Weg, den CO2-Ausstoss bei der Energieproduktion zu verringern, aber mit vielen Risiken behaftet, vor denen auch die goldenen tschechischen Hände nicht zu einhundert Prozent Schutz bieten können. So berichtet die TAZ.


News - Tschechien Online: EU-Gipfel: Tschechien auf Seiten der Atomkraft-Befürworter

Net-Tribune.de: Nuklearbehörde nennt Vorfälle im AKW Temelin "inakzeptabel"

Atomkraft Risiken:

Greenpeace

Castor.de - Umweltbeeinträchtigungen und Risiken bei der Atomenergienutzung

NGZ Online: Atomenergie Keine Lösung für das Klimaproblem

Atomkraft Chancen:
Atomkraft contra Klimaschutz?
Polylog.tv - Fight Club Atomkraft Pro und Kontra (videocast)
eurotopics.net - Comeback der Atomenergie?

Večerníček tschießt tscharf

Es wird zur Zeit scharf geschossen in Tschechien. Aus Angst, dass eine Folge des tschechischen Sandmännchens ("Večerníček") zu einer "allgemeinen Aversion gegenüber Jägern führen könne", wurde eine offizielle Beschwerde beim Rundfunkrat eingereicht. In der ausgestrahlen Folge schießen Jäger auf einen Luchs und eine Hündin.
Da der Jägerverband nach dem Querschuss, laut in den Medien schießt, anstatt vielleicht ein Vorschlag zu einer jägerfreundlichen Folge à la "Der Jäger - dein Freund und Helfer" ;) lässt vielleicht doch auf den leicht "aggressiven" Charakter der Jäger sch(l)ießen, wenn sich da jemand einmal nicht selbst entlavt hat.... (ganzer Artikel auf Tschechien-Online.de)


Böhmisch-mährische Jägereinheit - ČMMJ
Jagdland Tschehchien
Radio Prag: "Jenseits des Halali: Was Jäger außerhalb der Jagdsaison tun"

20070308

... in die andere Richtung

Dass aber nicht nur eine Abwanderung von Tschechien nach Deutschland stattfindet, sondern es auch umgekehrt schon üblich ist in Tschechien zu arbeiten, darüber berichtet sz-online.de: "Elke Magera, Leiterin des Kontaktzentrums der Industrie- und Handelskammer in Plauen, bestätigt: „Deutsche Fachkräfte haben einen guten Ruf, werden von großen Maschinenbaufirmen und in der Automobilbranche gesucht. Diese Firmen sind auch meist bereit, deutschen Spezialisten mehr zu zahlen als in Tschechien üblich.“

Zahnkronjuwelen

Eines der großen Probleme, die man auch am eigenen Leib in Tschechien spüren kann, im wahrsten Sinne des Wortes, ist der Ärztemangel. So muss man im Vergleich zu Deutschland mit damit rechnen, überhaupt keinen Termin zu bekommen. (Ich musste zum Beispiel, nach dem ich nach Prag zog, meinen Arzt überreden, dass ich weiter bei ihm in Behandlung bleiben kann, was mir wahrscheinlich nur glückte, weil mein Tschechisch so schlecht war.) Die Gründe sind zum einen in der Abwanderung von Ärzten zu suchen, die u. a. in Deutschland ein mehrfaches verdienen können ("brain drain") und zum anderen am sogenannten "Gesundheitstourismus". Aufgrund der großen Preisunterschiede von Dienstleistungen im Gesundheitswesen, und hier besonders im Bereich der Zahnmedizin, nutzen immer mehr deutsche Patienten die Dienste tschechischer (grenznaher Zahnärzte). Dieses führt aber zu Verschärfungen, der schon vorhandenen Engpässe bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in Tschechien.

So berichtet über diese Problematik die Netzeitung: "Für die Bewohner der grenznahen Regionen Tschechiens und Polens hat der Zustrom ausländischer Patienten aber auch seine Schattenseiten. Beim Zahnarzt müssen sie bisweilen mehrere Monate auf einen Termin warten - die Mediziner sind häufig schlicht ausgebucht. «Es gibt einen dramatischen Zahnärztemangel hier im Land», sagt Jiri Pekarek, der Präsident der tschechischen Zahnärztekammer. Die Universitäten bildeten nicht genügend Nachwuchs aus, klagt sein Verband. Schon heute sei jeder zehnte Zahnarzt in Tschechien eigentlich schon im Rentenalter."

Wikipedia: Ärztemangel

20070223

Kafka auf Reisen

Für alle kafkaesken Kafker unter uns empfiehtl sich ein Bersuch der Ausstellung "Wege des Franz K." im Tschechisches Zentrum Berlin. "Der tschechische Fotograf Jan Jindra, 1962 in Prag geboren, verfolgte Kafkas Wege durch Europa und machte vor Ort Aufnahmen, die motivisch von Kafkas Texten inspiriert sind. Tagsüber arbeitete er (Anm. Kafka) als Versicherungsbeamter, nachts schrieb er an seinen Erzählungen und Romanen. Das gängige Kafka-Bild vermittelt den Eindruck, der Autor habe sein kurzes Leben sesshaft am Schreibtisch verbracht, doch tatsächlich ist er für seine Zeit recht weit herumgekommen. Von Norderney bis nach Norditalien fuhr er manchmal in dienstlichem Auftrag, manchmal zu einem Kuraufenthalt, oft aber aus reiner Lust am Reisen. Er weilte in Ostseebädern, schaute sich europäische Metropolen an und nahm mehrere Anläufe, in Berlin sesshaft zu werden." (ganzer Artikel zur Aussellung in der taz)

"Wege des Franz K." Tschechisches Zentrum, Friedrichstr. 206 (Stadtplan), Mo. 14-18, Di.-Fr. 10-13, 14-18 Uhr, und im Kleisthaus, Mauerstraße 53, Mo.-Fr. 9-18 Uhr, bis 16. März

Familiensilber

Wenn wir schon einmal beim Thema Bier sind, soll auch nicht verschwiegen werden, dass das berühmte tschechische Bier Budweis/Budvar wahrscheinlich an die Amerikaner verkauft wird, die die Kopie Budweiser (wie man munkelt von weit minderer Qualität) herstellen. Es ist die letzte Brauerei, die sich noch in tschechischer (staatlicher) Hand befindet. Berühmt wurden beide Brauereinen auch aufgrund des Rechtsstreits, wer, wo und unter welchem Namen welches Bier verkaufen darf. Da es auch der Stolz der tschechischen Biertrinker ist, wird die Kritik an dem Vorhaben nicht lange auf sich warten lassen, aller höchstens nach ein, zwei Bier ... (ganzer Artikel in der Märkischen Allgemeinen aus Potsdam)

wie nach 15 Bier ...

Dass nicht nur die Tschechen dem Alkohol frönen können, sondern sich auch das Damwild (was für ein Wort) mindestens einmal im Jahr berauscht, beweisen betrunkene Hirsche vor allem im Böhmerwald. Die Hirsche bevorzugen nicht die Getreidekaltschale wie der gemeine Tscheche, sondern frönen Raps- und Rübenschnaps in Form von gärenden Blättern. Somit ist Vorsicht geboten beim spacirovat in böhmischen Wäldern... (ganzer Artikel auf vol.at)

20070217

Geld oder Leben

Der Spielfilm Die Fälscher, der auf der Berlinale Premiere hat, erzählt die Geschichte eines außergewöhnlichen Menschen, eines Prager. Der Film basiert auf seiner Geschichte. Einer Geschichte eines kommunistischen Juden, den die Nazis im Konzentrationslager Auschwitz dazu zwangen, englische Pfundnoten zu fäschen. Von einer außergewöhnlichen Begegnung mit ihm erzählt Evelyn Finger in derZeit:
"Juden wurden für dieses sogenannte Unternehmen Bernhard rekrutiert, um die Geheimnisträger nach getaner Arbeit problemlos beseitigen zu können. Burger, der diesen Sommer 90 wird, müsste eigentlich seit mehr als 60 Jahren tot sein. Er ist in Auschwitz fast verhungert, wurde in Birkenau mit Typhus infiziert, ließ sich von einem Mitgefangenen einen erfrorenen Zeh amputieren, bekam von einem SS-Bewacher die Vorderzähne ausgeschlagen und sollte noch wenige Stunden vor Kriegsende erschossen werden.... Der gelernte Drucker spricht über die Vergangenheit, als hätte er sie gestern erlebt, und so unsentimental, als sei sie jemand anderem widerfahren. Der Sohn armer Juden, geboren 1917 in der Hohen Tatra, erzogen in der linkszionistischen Jugendorganisation Haschomer Hazair, arbeitete nach Machtantritt des faschistischen Priesters Josef Tiso für die verbotene kommunistische Partei der Slowakei. 1942 wurde er in Bratislava verhaftet. Erst kam er nach Auschwitz, dann nach Birkenau, dann nach Sachsenhausen." (ganzer Artikel)

Adolf Burger: Des Teufels Werkstatt erscheint im März 2007; Sandmann, 2007; 280 S., 22,95 €

Wikpedia: Adolf Burger

Adolf Burger: Besuch eines Zeitzeugen

Publikationen von Adolf Burger aus dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

offizielle Homepage des Films Die Fäscher (Universumfilm)

20070216

Viva Las Vegas...

Eine weitere Besonderheit, der der gemeine Pragbesucher oft schnell erliegen kann, ist das große Angebot an Glücksspiel. Für Glücksspieler ist Tschechien, und hier ganz besonders Prag, fast schon ein Land voll Spielmilch und Spielhonig. So existieren In der Tschechischen Republik mehr Casinos, Lotterie- und Glücksspielgesellschaften als in der ganzen übrigen EU zusammen! AUSRUFEZEICHEN!

Jedoch wurde Tschechien nun von der EU aufgefordert, das sehr liberale Gesetz zum Glücksspiel zuändern, und entspechende EU-Richtlinien umzusetzen. So berichet Radio Prag: "Die rechtlichen Bestimmungen in diesem Bereich sind sehr schlecht. Das führt unter anderem dazu, dass hierzulande riesige Mengen von Schwarzgeld gewaschen werden", so die Europaabgeordnete Jana Hybaskova." ... "Schätzungen gehen davon aus, dass jeder zehnte Tscheche Probleme hat, die direkt oder indirekt mit dem Glücksspiel in Verbindung stehen. Sogar für etwa 600 Selbstmorde pro Jahr wird das Zocken verantwortlich gemacht." (ganzer Artikel oder zum Nachhören)

20070215

Götterbote

Vielen Pragbesuchern fällt auf, dass sehr viele obdachlose Menschen in Prag leben. Besonders in den Nachtstaßenbahnen sind Sie zu finden, wenn oft die Straßenbahn, der einzige halbwegs warme Ort ist, um die Nacht zu verbringen. Nicht zu vergessen ist, dass die Winter in Prag, mit Ausnahme von diesem vielleicht, besonders kalt ein können. Über ein besondere Einrichtung für Obdachlose berichtet heute die net tribune: "Das Schiff heißt "Hermes" wie der Götterbote, und für viele Obdachlose in Prag bringt es eine gute Nachricht: 250 Schlafplätze stehen dort für Menschen zur Verfügung, die bei der postkommunistischen Liberalisierung auf der Strecke geblieben sind. "Für mich ist es das Paradies", sagt der 22-jährige David Stojka, einer der ersten, die im Februar für ein paar Nächte eine warme Mahlzeit, ein Bett und ein Dach - oder Deck - über dem Kopf fanden. "Wir glauben, dass dies das erste schwimmende Obdachlosenasyl in Europa ist", meint Jiri Janecek, rechtsgerichteter Stadtrat der tschechischen Hauptstadt und Beauftragter für Soziale Angelegenheiten." (ganzer Artikel)

zum Thema

Radio Prag 22.01.2007: "Deutlicher weniger Geld für sozialen Wohnungsbau in Tschechien.
In diesem Jahr werden deutlich weniger Gelder für den sozialen Wohnungsbau in Tschechien bereitstehen als noch 2006. So sinkt die Summe, die den Städten und Gemeinden zur Verfügung gestellt wird von 1,4 Milliarden Kronen (50 Millionen Euro) auf nur mehr 800 Millionen Kronen (28 Millionen Euro). Hintergrund für den Rückgang sind Kürzungen, die im Haushalt vorgenommen wurden. Dabei überstieg im vergangenen Jahr die Nachfrage das Angebot um rund ein Fünftel."


aus "Ist der schwejksche Humor noch zu retten?" (tschechien-portal.info): "Die Unmöglichkeit der Durchführung einer Transformation in der versprochenen Geschwindigkeit macht gerade den ehemaligen Premierminister Václav Klaus zur Zielscheibe neuer Witze, er wird zum Sinnbild der neuen, die Gesellschaft prägenden sozialen Spaltungen: Ein Obdachloser im Park beim Hauptbahnhof ißt Gras. Kommt Havel vorbei, sieht ihn und gibt ihm 5000 Kč (Kronen): „Kaufen Sie sich etwas zum Essen.“ Der Obdachlose will gerade losgehen, um sich etwas zu Essen zu kaufen, da sieht er Václav Klaus kommen. So beginnt er wieder Gras zu essen. Klaus hält tatsächlich an und gibt ihm 10 Kč: „Fahren Sie nach Smíchov (Stadtteil von Prag), dort gibt es besseres Gras.“

20070213

tschechische Kultur

Wer auf der Suche nach tschechischer Kultur im Internet begibt, stößt heute auf sehr unterschiedliche Artikel.

Zum einen auf einenBericht über den berühmten tschechischen Schriftsteller Arnost Lustig, der in seinem Roman "Deine grünen Augen" über ein Tabuthema schreibt - Zwangsprostitution unter der Naziherrschaft.
"Als literarischen Stoff entdeckte dieses Tabuthema der Israeli Yehiel Dinur bereits in den frühen 50er Jahren. Nun greift es der tschechische Autor Arnošt Lustig auf: Sein Roman "Deine grünen Augen" erzählt vom Schicksal der 15-jährigen "Feldhure" Hanka Kaudersová. Als tschechische Jüdin wird sie ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Sie putzt gerade die Krankenstation, als eine Selektion stattfindet - junge Frauen werden für den Dienst in Feldbordellen ausgewählt. Hanka, die ihre Angehörigen in den ersten zweieinhalb Wochen in Auschwitz verloren hat, entscheidet in Sekundenschnelle, sich zur Verfügung zu stellen. Sie verschweigt, dass sie Jüdin ist und behauptet, bereits achtzehn Jahre alt zu sein. So gelangt sie ins Feldbordell Nr. 232 Ost, irgendwo am Ufer des San, östlich von Auschwitz. Dort hat sie täglich ein Dutzend Soldaten zu bedienen. Und überlebt." (ganzer Artikel auf Deutschlandradio Kultur oder zum Hören als mp3)

In diepresse.com findet sich ein Artikel zum 75.Geburtstag vom Regisseur und Oscarpreisträger Milos Forman.
"Von einigen Ausnahmen abgesehen, hat es sich immer gelohnt, auf Formans Filme zu warten. Der Exil-Tscheche und Wahl-Amerikaner, der 1932 in Mittelböhmen als jüngster Sohn eines jüdischen Lehrers zur Welt kam, geht kontroverse Stoffe mutig an und führt häufig die Kehrseiten seiner Figuren vor. Reine Filmbiografien seien meistens "ziemlich langweilig", sagte er kürzlich. "Da muss immer noch etwas anderes in der Geschichte stecken. Bei 'Amadeus' war das der Konflikt zwischen Salieri und Mozart." Mit "Kuckucksnest" entfachte er eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen. "Larry Flynt", die Geschichte des erfolgreichen US-Verlegers des Pornoblattes "Hustler", löste eine heftige Diskussion um dessen Rolle als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit aus." (ganzer Artikel in diepresse.com)

Aber wahre Kultur kommt in Tschechien als Breitensport nur in Form von kalten Gerstenkaltschale vor. Die Überschrift bringt es eigentlich schon auf den Punkt. Der Groschen fällt aber nüchtern leichter. Warum die Tschen vielleicht doch nicht ganz so viel trinken, wie sie selben denken und man ihnen jahrelang vorgerechnetet Die folgende Ernüchterung findet sich hier: "Bierkonsum : Tschechien Weltmeister nur wegen ausländischer Touristen? - Tschechische Tourismusvereinigung stellt offizielle Statistik in Frage" zum Artikel

20070208

Krieg der Sterne in Tschechien

Schlagzeilen nicht nur in Tschechien, sondern auch im deutschsprachigen Raum, lösen die Pläne der USA aus, in Tschechien eine Radaranlage zu installieren und in Polen eine Raketenabschussbasis zu errichten. Das Meinungsbild hierüber ist ziemlich geteilt, so schreibt die Berliner Zeitung: "Auch die Bevölkerung (Anm.: in Tschechien) ist unschlüssig: Zwei Drittel sprachen sich in einer Umfrage gegen eine Raketenbasis aus, zwei Drittel aber haben nichts gegen ein Radar." Die Politik steht dem eher positiv entgegen, wenn man von der erwarteten Ablehnung seitens der mitregierenden Grünen bzw. der Kommunisten absieht. "Die oppositionellen Sozialdemokraten stehen vor einer Zerreißprobe. Ihr Parteichef Jiri Paroubek sagt Ja, die Mehrheit an der Basis Nein. Als offizielle Linie der Sozialdemokraten gilt - vorübergehend - eine schwammige Formel: die Partei habe sich noch nicht definitiv entschieden, ihr Standpunkt sei auf der Grundlage neuer Entwicklungen veränderbar."
Hintergrund dieser eher zustimmenden Haltung der Regierungsparteien ODS und KDU-CSL, ist das Kalkül, das mit der Zustimmung zum Bau einer Radaranlage, bestimmte Forderungen seitens Tschechiens an die USA gestellt werden können, u. a. eine Erleichterung, wenn nicht sogar die Aufhebung der Visumspflicht für tschechische Staatsbürger bei der Einreise in die USA könne gefordert werden.

Ein entschiedener Befürworter ist (vielleicht überraschenderweise) Ex-Präsident Vaclav Havel. Er "hatte gestern in einem Gastkommentar für die links-liberale Tageszeitung Právo bekräftigt, dass er für die US-Radaranlage auf tschechischem Boden ist, und zwar ohne die Durchführung eines Referendums." (ganzer Artikel und in 20min.ch)

Die betroffenen Gemeinden versuchen sich jedoch gegen den Bau zu wehren. So wurde versucht Außenminister Schwarzenberg, von der Notwendigkeit eines Referendums zu überzeugen, in dem die Bürger, über den Bau abstimmen sollten. So schreibt Tschechien Online: "In dem 98-Seelen-Dorf Trokavice bei Rokycany (Kreis Pilsen) beschloss der Gemeinderat gestern, ein lokales Referendum abzuhalten. 'Mit uns wird doch sowieso niemand reden. Deshalb haben wir getan, was wir tun mussten', so Bürgermeister Jan Neoral. Weder ihn noch die anderen Bürgermeister konnte Schwarzenberg gestern von dem Projekt überzeugen."

Über die Gründe für die ablehnende Haltung berichtet der Deutschlandfunk in einer Sendung: "Von Pribram strahlt der Protest inzwischen auf ganz Tschechien aus. Das Kommando führt eine eilig gegründete Bürgerinitiative, die den Widerstand von Prag aus steuert. An ihr beteiligen sich dutzende Organisationen von Umweltschutzverbänden bis hin zur kommunistischen Jugendgruppe. Die Motive der Demonstranten sind entsprechend unterschiedlich. Einige befürchten eine Strahlenbelastung durch die Radarschüsseln, andere sehen die territoriale Integrität Tschechiens gefährdet, wenn ausländische Streitkräfte im Land stationiert werden. Eine große Rolle spielt auch die anti-amerikanische Haltung, die viele Gegner der Radarstation verbindet."

Die weitere Vorgehensweise der tschechischen Regierung sieht wie folgt aus:"Die tschechische Regierung werde die Anfrage in den nächsten Wochen beantworten und «wahrscheinlich» Gespräche mit Washington beginnen, sagte Topolanek am Mittwoch einem Parlamentsausschuss. Sollte das Vorhaben gebilligt werden, könnte der Stützpunkt laut Topolanek 2011 in Betrieb gehen. Er sei überzeugt davon, dass die Errichtung einer Radarstation auf tschechischem Gebiet im Interesse des Landes sei. «Sie wird die Sicherheit der Tschechischen Republik und Europas erhöhen», sagte der Regierungschef kürzlich." (ganzer Artikel in der Basler Zeitung)

Es stellt sich natürlich die Frage, wie sich groß der Widerstand in der tschechischen Bevölkerung sein wird und welchen Druck somit auf die Entscheidung der Regerung ausgeübt werden kann. Wird es zu einer Entscheidung über die "Köpfe der Bürger" kommen oder wird dem Bürger eine Möglichkeit der Entscheidung in Form eines Referendums gegeben. Bis zu den nächsten Wahlen ist noch viel Zeit, so dass zu vermuten ist, dass auf die Meinung der Bürger, nicht so viel Wert gelegt wird wie zu Wahlzeiten.

20070206

böhmisches Kopfschütteln

Einen schönen Artikel über spanische Dörfer, die uns böhmisch vorkommen, möchte ich an dieser Stelle einmal unkommentiert präsentieren. Anlass ist eine Broschüre des tschechischen Sozialministeriums, in der u. a. erklärt wird, dass Kopfschütteln Widerspruch signalisiert, wenn das einem nicht mal böhmisch vorkommt...

"Wenn wir über „böhmische Dörfer“ reden, dann meinen wir Orte wie Chrašticky, Nová Ves pod Pleší, Dolní Slivno oder Brví. Schon deren tschechische Schreibweise ist uns derart fremd, dass wir gar nicht erst versuchen, sie korrekt auszusprechen. Zu recht!

Wenn wir über Tschechien redeten, dann meinten wir bislang Prag, Pilsner, Karel Gott, Biene Maja, Milan Baros und Franz Kafka. Wir glaubten zu verstehen und sprachen „Knedlíky“ (Knödel, siehe Foto) ganz gelassen aus und die Prager fröhlich an. Zu unrecht, wie sich jetzt herausgestellt hat. Man hätte es ahnen können. Damit es künftig mit der Verständigung zwischen der tschechischen Bevölkerung und ausländischen Gästen besser klappt, hat das Prager Sozialministerium nun eine Broschüre mit dem schönen Titel „Handreichung für Tschechien“ herausgegeben. Darin ist schwarz auf weiß nachzulesen, was man als Ausländer in Tschechien zu tun hat – und was zu lassen. Vor allem letzteres kommt in Betracht, wenn es um Begegnungen mit der einheimischen Bevölkerung geht: So sollten Ausländer Tschechen offenbar nicht allzu lange die Hand schütteln, mit ihnen nicht über Politik reden und sich im Linienbus nur in Ausnahmefällen direkt neben sie setzen. Sollte sich ein Kontakt dennoch nicht vermeiden lassen, gibt das Ministerium folgende sachdienliche Hinweise: „In Tschechien ist die Frau ein gleichwertiger Gesprächspartner“ sowie „Kopfschütteln signalisiert Widerspruch“. (ganzer Artikel in der Pforzheimer Zeitung)

Dass man uns Ausländern auch das noch sagen muss, kommt uns allerdings eher spanisch denn böhmisch vor.
UPDATE: Hans-Jörg Schmidt:"Benimm-Fibel für Tschechien" in sz-online.de
Wikpedia: Kopfschütteln

Gauck-Behörde auf tschechisch

Eine Diskussion über die Aufarbeitung der kommunitischen Diktatur und die Rolle des damaligen tschechischen Geheimdienst (Stb) wird nun auch verstärkt in der tschechischen Öffentlichkeit diskutiert. So fordert unter anderem der tschechische Kardinal eine Stb-Kommission für Tschechien, "die die Verstrickungen von katholischer Kirche und dem ehemaligen kommunistischen Staatssicherheitsdienst in der Tschechoslowakei analysieren soll. ... Vlk erklärte, unter anderem sollten "objektive Tatsachen" analysiert werden, die einzelne Geistliche zur Kollaboration mit dem kommunistischen Regime bewegt hätten. "Die Praktiken der Staatssicherheit waren sehr hart, wenn es darum ging, Mitarbeiter zu gewinnen", betonte der Kardinal. Auch Geistliche hätten dem Druck oft nicht standgehalten: „Nicht jedem Menschen ist es gegeben, ein Held zu sein.“ " (ganzer Artikel auf Tschechien Online)

Eine ähnliche Institution wie in Deutschland fehlt im Moment noch in Tschechien, die von vielen Seiten aber als notwendig zur Aufarbeitung dieser Zeit betrachtet wird.

Bundeszentrale für politische bildung: " Die Aufarbeitung der Diktaturen in Tschechien und der Slowakei"

20070202

Miroslavs Eiergedöns

Wer in den letzten Tagen den Eindruck von schlechten Manieren bei Tschechiens Spitzenpolitikern gewonnen haben sollte, dem gibt Premierminister Topolanek noch einen Fingerzeig, aber nicht irgendeinen Fingerzeig - es ist der Fingerzeig. So berichtet Tschechien-Online: "Zu der ganz und gar nicht staatsmännischen Geste war es gekommen, nachdem die Kommunisten die Anwesenheit des Premiers oder seines Stellvertreters bei der Aussprache gefordert hatten. Als Topolánek tatsächlich in den Sitzungssaal eilte, erntete er mäßigen Applaus von der Opposition. Der die Sitzung leitende Jan Kasal (KDU-ČSL) scherzte daraufhin, der Premier möge den Applaus zu schätzen wissen. Doch der zeigte der Opposition stattdessen den ausgestreckten Mittelfinger." Nachdem er sich im Parlament entschuldigte begann die eigentliche "Komödie": "... in der Parlamentslobby sprach Topolanek davon, die Geste habe eigentlich seinem Finanzminister Miloslav Kalousek (KDU-ČSL) gegolten und sei lediglich „nonverbale Kommunikation“ gewesen. Kalousek bestätigte diese Version des Premiers dann sogar. Auf die Frage, was der emporgereckte Mittelfinger in der nonverbalen Kommunikation zwischen ihm und dem Premier bedeute, sagte Kalousek gegenüber der Tageszeitung Lidové noviny (Prag), Topolánek habe ihm signalisieren wollen, dass er die Nummer Eins sei."

Wer an dieser Stelle den Fingerzeig noch nicht ganz "fassen" konnte, den hilft die TAZ in Ihrem Artikel "Tschechiens Regierungschef: Ein ganzer Kerl oder ein Wallach(e) mit Eiern" gerne auf die Sprünge. "Ein 'Kerl mit Eiern' sei er, tönte Mirek Topolanek, der tschechische Ministerpräsident, als er im vorigen Jahr den Wahlkampf einläutete. ...Anscheinend wollte es Topolanek bei seinem ganzen Eiergedöns partout nicht bei der Metapher lassen: Er schwängerte seine Geliebte. Eine blonde Enddreißigerin, Parteifreundin, Abgeordnete und neuerdings stellvertretende Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses. Jahrelang habe sie in ihrer vorherigen Beziehung versucht, schwanger zu werden, ließ sie durchblicken. Geschnackelt hat es aber erst mit beziehungsweise dank Topolanek. Zufall oder Mythenbildung?"

Man hofft, dass er gleiches politisches Geschick beweist, wie bei ...


Best of Topolanek:
"Die meisten Tschechen teilten das Leben des neuen ODS-Chefs, das sich zwischen Arbeit, Sport, Bier und Datsche abspielte. Ebenso wie sie hatte er vor der Revolution mit Dissidenten nichts am Hut, fiel höchstens dadurch auf, dass er - nach eigenem Bekunden - 'in der ersten Liga gesoffen und sich Wein, Weib und Gesang gewidmet' habe."
"Topolanek nannte den Verfassungsvertrag hemdsärmlig 'einen großen Haufen Mist'." (ganzer Artikel - aus dem Oberpfalznetz)

"Der Konservative (Anm.: Topolanek) hatte bereits vor wenigen Wochen für Negativschlagzeilen gesorgt, als er während einer Aussprache den anwesenden Fotografen die Zunge herausstreckte und eine Grimasse zog. " (ganzer Artikel aus der Netzzeitung)

"Kürzlich drohte er einem Paparazzo: "Komm raus. Ich bringe dich um." Der Fotoreporter hatte auf ihn im Auto vor dem Haus von Parlaments-Vizechefin Lucie Talmanova, der Geliebten Topolaneks, gewartet, um den Regierungschef zu fotografieren." (ganzer Artikel aus diepresse.com)
"Scharfe Kritik an Premier wegen 'Stinkefinger' " aus die Kleine Zeitung

Protect Bohemia and Moravia

chDass man mit Kritik aus Deutschland vielleicht schwieriger umgehen kann als gedacht, bewies Präsident Klaus, der auch noch den Eindruck vermittelt, sich hinter seinem eigenen politischen Berater vertecken zu müssen. Der Eurpaabgeordnete Jo Leinen (SPD) hatte Klaus für seine ablehnende Haltung zur EU-Verfassung kritisiert und Ihm "vorgeworfen, sich mit seiner Ablehnung des EU-Verfassungskompromisses gegen die Interessen Tschechiens und seiner Bürger zu richten. Ladislav Jakl, politischer Berater von Klaus, verschickte daraufhin am Dienstag Abend eine Rund-SMS an zahlreiche Journalisten, in der er Leinen unterstellte, er sehne sich wohl nach dem "Protektorat Böhmen und Mähren" zurück. Klaus selbst reagierte bislang nicht." Ein Schelm der dabei "fehlende Courage" und "schlechten Stil" unterstellen möchte. "Europaminister Alexandr Vondra (ODS) sagte knapp: 'Der Abgeordnete Lenin, oder wie der heißt, kann die Tschechische Republik nicht isolieren.' " (ganzer Artikel auf Tschechien online)

Scheinbar sind mit solchen Äußerungen in Tschechien noch Wählerstimmen zu erzielen. Zumindest haben solche Aussagen keinerlei Auswirkungen auf die innertschechische Reputation von Klaus, der nach letzten Umfragen von fast 80 % der Tschechen für einen guten Präsidenten gehalten wird.

Gründe für diese Reaktionen sind vielleicht darin zu suchen, dass in Tschechien, als relativ kleiner und "neuer" Staat, noch die Befürchtung einer "Wiederbevormundung" durch einen "großen Bruder", in diesem Falle die EU, groß ist. (In der Vergangenheit die Habssburger Monarchie, Hitlerdeutschland oder die Sowjetunion) Nichtsdestotrotz ist zu hoffen, dass sich durch diesen Streit sich die Beziehungen von Deutschland und Tschechien nicht auf das Niveau der deutsch-polnischen Beziehungen hinbewegt, die im Moment noch leider als sehr reseviert zu beurteilen sind.

diepresse.com: "Prag schießt sich auf Berlin ein"
wikpedia: "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren"
Oberpfalznetz: "Prager Muskelspiele gegenüber Europa"

20070124

Unser Leben der Anderen

Der Film "Das Leben der Anderen" ist in Tschechien diesen Monat erfolgreich in den Kinos gestartet. In dem Drama, das in der von Stasi-Spitzeln durchsetzten Kulturszene Ost-Berlins spielt, zeigt noch einmal explizit die menschenverachtenden Züge und deren Auswirkungen auf die Menschen dieses Staates, vor allem auf derer, die sich nicht anpassen wollten. Besonders dieses für Thema scheint ein großes Interesse in Tschechien zu bestehen, denn vergleichbare tschechische Filme zu dieser Thematik gibt es in Tschechien nicht.

Im Gegensatz zu Deutschland besteht in Tschechien auch keine Behörde oder Institution zur Aufarbeitung dieser Zeit. Die Eliten wurden auch nicht wie in Ostdeutschland ersetzt durch Beamte, Politiker usw. aus Westdeutschland.

Am 18. - 19.1.2007 fand in der Tschechischen Botschaft in Prag zu diesem Thema eine Konferenz statt, über die Radio Prag berichtet. "Es gibt keine Institution wie die Birthler-Behörde in Deutschland, bzw. die Gauck-Behörde, wie sie früher hieß. Die Schaffung einer solchen Institution wurde dann auch von Historikern wiederholt gefordert. Es könne nicht sein, hieß es, dass diejenigen, die für das Leid vieler Menschen verantwortlich sind, heute als ehemalige Staatsbeamte hohe Renten beziehen, während die Opfer, auch finanziell, immer noch unter den Folgen zu leiden haben." (ganzer Artikel)
So das auch zu vermuten ist, dass an der Aufarbeitung dieser Zeit ein gewisser Bedarf besteht. Vielleicht kann dieser Film dazu beitragen, dass dieses Thema mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhält und nicht nur Thema einer "Elitendiskussion" bleibt.

Links:

Tschechische Botschaft in Berlin: Konferenz "Auseinandersetzung mit der totalitären Vergangenheit"

"Das Leben der Anderen" - offizielle Homepage - Wikpedia

tsch. Filmkritik zu "Životy těch druhých" (Das Leben der Anderen)