20110524

Biermeister ... ähh im Fußball

Erstmals Meister in der tschechischen Liga, die nach einer Brauerei benannt ist, wurden die Fußballer aus der Bierstadt Pilsen. Basiswissen für Kenner des europäischen Fußballs: Dieser Klub wurde 1911 als
SK Viktoria Plzen gegründet,
1949 in Sokol Škoda Plzen umbenannt,
1952 dann in Sokol ZVIL Plzen,
1953 in DSO Spartak LZ Plzen,
1962 in TJ Spartak LZ Plzen,
1965 in TJ Škoda Plzen,
1981 in TJ Škoda Plzen fotbal und
1992 in FC Viktoria Plzen.
Gefeiert wurde die Meisterschaft nach SZ-Informationen mit Pils.
Quelle: Süeddeutsche Zeitung 24.5. Printausgabe




20110323

Durchschnittseinkommen Tschechien

Den gemeinen Internetdurchsucher zum Thema Tschechien interessiert nicht nur, wo es den nächsten Strassenstrich gibt, sondern auch, was denn die armen Nachbarn so alles verdienen. Stichwort Durchschnittseinkommen.

Aufgrund der großen Nachfrage hier ein außerordentlicher Ausflug in die tschechischen Medien ...

Wenn ich clever wäre, würde ich jetzt die Domain Durchschnittseinkommentschechien.de registrieren, lauter Googleanzeigen schalten und dann nur noch mich zurücklehnen und hoffen, dass kräftig gedrückt wird ...
Aber nein, als Dienst an der Allgemeinheit, Hausaufgabenhilfe, Seminararbeitshilfe, Diplomarbeitshilfe kommt hier eine Übersicht zum Durchschnittseinkommen in Tschechien! Wie wäre es mit einer kleinen Wertschätzung?

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Das statistische Durchschnittseinkommen in Tschechien lag 2010 bei 23.135 Kronen monatlich. Um das in Euro umzurechnen bitte hier KLICKOVAT!
Das ist ein schöner Wert, sagt aber nicht ganz soviel aus, wie man vielleicht denkt, denn 66,8% der verdienen weniger als das statistische Durchschnittseinkommen.
Hier eine Grafik, die auf den Angaben zum Gehaltsangebot von offenen Stellen beruht. Demnach liegt das häufigste Einkommen zwischen 14.000 - 16.000 CZK monatlich. BRUTTO!











Natürlich gibt es auch regionale Unterschiede. So verdient der gemeine Prager 29.029 CZK monatlich. Aber auch wie in allen anderen Länder werden Frauen beim Einkommen benachteiligt, so dass Frauen dementprechend im Durchschnitt weniger verdienen.

Am wenigsten verdient man im Karlsbader Kreis mit nur 19.367 Czk.
Nachfolgene Grafik: Monatliches Durchschnittseinkommen nach Kreisen. Quelle: MPSV Ministerium für Arbeit und Soziales (Tschechische Republik)




















Und was verdient man so als:
Arzt: 245 CZK/h
Lokführer: 185 CZK/h
Feuerwehmann: 158 CZK/h
Krankenschwester: 149 CZK/h
Installateur: 129 CZK/h
Bauarbeiter: 118 CZK/h
Maurer: 115 CZK/h
Verkäuferin: 88 CZK/h
Putzfrau: 69 CZK/h

Wieviel ist dir Information wert? Ist alles umsonst? Wie wäre es mit einem mifropayment für meine investierte Zeit?
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Danke!

Quellen: Ministerium für Arbeit und Soziales (MPSV)

20080911

No Strassenstrich hier, Amigo!

Liebe Google-Strassenstrich-Sucher,

soweit ich weiß, gibt es in Prag keinen Straßenstrich, habe zumindest in 3 Jahren seit dem ich hier lebe, keinen entdecken können. Nach dem Beitritt Tschechiens zur EU und auch nachdem die Krone an Wert gewonnen hat, ist die Prostitution im Grenzland und somit mit deutschen und österreichischen Kunden wie Dir, zurückgegangen.

Also für alle Google-Prag-Tschechien-Strassenstrich-Bordell-Sucher:

In diesem Blog steht nichts darüber, wo man in Prag oder Tschechien Straßenstrichs findet, wie die aktuelle Preislage ist und ob esbeim dritten Besuch ein Schnitzel für den Heimweg umsonst gibt.

Warum ich das schreibe? 25 % aller Besucher auf Czechport.de gaben vorher in Google die Begriffe: Strassenstrich, Bordell, Prostitutes ein, weil ich irgendwann mal auf einen Artikel zur Prostitution in Tschchien hingewiesen habe.
Was sagt uns das?

Ein nette Analyse demnächst ...

20080910

Czech James Bond

Sobald man sich länger mit Politik und besonders mit Politikern in Tschechien beschäftigt, drängt sich einem der Verdacht auf, dass die "politische Klasse" mit den Menschen, die hier leben, soweit ich es kenne, nichts gemeinsam haben.
Diese Art Politik im Stile einer Bananenrepublik in Südabsurdistan wirft vielleicht aber doch die Frage auf, ob Tschechien diese Politiker verdienen, weil sie ein Spiegelbild ihrer Einwohner sind oder hängt die politische Klasse den Menschen zeitlich und moralisch um Jahre hinterher. Einige Politiker scheinen in einem Wildwest-Politik-Stil gefangen zu sein, der an die postkommunistische Anfangszeit der 90er in Osteuropa erinnert.

Eine neue Episode findet sich heute in welt.de:
Juniorpoliker und Hobby-James-Bond erpresst sich selbst, verführt im "Parteiauftrag" Tochter einer Grünen-Politikerin und stürzt somit vielleicht die aktuelle Regierung
... weiter zur haarsträubenden Gaunerkomödie mit der Topolanek-Bande aus dem Regierungskontainer in Prag ...

Foto: http://www.janmorava.cz/

20080909

Österreichs neuer Lieblings-Schwejk

Wahrscheinlich seit Karel Gotts Schlagerkonzerten in ausverkauften Wiener Kaschemmen, wurde keinem Tschechen mehr so zugejubelt wie am Samstag Karel Brückner, dem neuen österreischen Nationaltrainer. "Mit 'Karel Brückner'-Sprechchören feierten ihn die Österreicher, und der erklärte Mozart-Fan ('das ist große Bühne, das ist große Kunst') aus Olmütz bedankte sich mit schwejkschem Pfiff: 'Ich habe gedacht, das ist meine Familie.' " ... ganzer Artikel in der FAZ

Weitere Artikel:
FR Online: Österreich feiert Brückner
Kleine Zeitung: Karel Brückner im Portrait

20080904

Prag - Abseits

Abgesehen davon, dass Prag eine verdammt schöne Stadt ist, gehen einem die Touristen manschmal ganz schön auf ... Und da dieses Empfinden nicht nur Prager haben, sondern auch viele Touristen hier ein kleine Empfehlung für Prager, die Besuch erhalten und nicht wieder die selbe Tour machen wollen oder für Leute, die planen in der nächsten Zeit mal nach Prag zu kommen.
Zeit Online: "Die Hauptstadt Tschechiens ist eine der schönsten Städte Europas. Wenn da nur nicht die vielen Besucher wären. Aber es gibt sie: lauschige Plätze abseits der Touristenströme. Zehn Tipps in einer Bildergalerie von Thomas Veszelits"
Bildergalerie

Die Angst vor dem Fall

Viele Bewohner der Grenzregion zu Tschechien haben den Wegfall der Grenzkontrollen mit dem Beitritt Tschechiens zum Schengenerabkommen, angeheizt durch Politiker und Medien, mit Angstschweiß auf der Stirn herbeigefürchtet. Dass sich der Wegfall dieser Grenzkontrollen auf die Kriminalitätsrate keine Auswirkungen hatte, ging leider in den Medien unter der Rubrik "Verschiedenes" unter.

So überauscht die (kleine) Meldung in den Dresdener Neuen Nachrichten: "Nach Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien ist der befürchtete Anstieg der Kriminalität in Ostsachsen im ersten halben Jahr ausgeblieben. Von Januar bis Juni 2008 registrierte die Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien knapp 20 400 Straftaten und damit rund 2650 weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, sagte der Präsident der Polizeidirektion, Richard Linß, am Freitag in Görlitz."

Ein typisches Beispiel für Angstmache ist folgender Artikel aus der Sächsischen Zeitung. Auf ein paar Zeilen wird ohne Angabe des Zusammenhangs eine Zunahme des Autodiebstahls mit der Öffnung der Grenze zu Tschechien in direkte Beziehung gesetzt. Es werden keine Quellen, keine Statistiken genannt.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Zunahme von Autodiebstählen und Grenzöffnung wird erst gar nicht versucht herzustellen. Aber lest selbst: "Die offenen Grenzen zu Polen und Tschechien sorgen für deutlich mehr Autodiebstähle in Dresden. Von Januar bis Ende Juli fahndete die Dresdner Polizei nach 122 entwendeten Fahrzeugen. Das ist rund ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben der Kriminalpolizei ist zudem die Zahl versuchter Diebstähle immens angestiegen.
Besonders begehrt bei den Dieben sind Fahrzeuge der Marke Volkswagen und Audi sowie Transporter von Mercedes-Benz. Seit Anfang des Jahres verschwinden zunehmend auch Skodas – mittlerweile sind es rund 40."

Womit ich nicht abstreiten will, dass aus Tschechien keine Autodiebe kommen wie das folgende gravierende Beispiel von Bandenkriminalität aud den Allgäuer Nachrichten zeigt: "
Das Landgericht Kempten hat einen 32-jährigen Tschechen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er wollte gemeinsam mit einer Bande am 30. März dieses Jahres in der Mercedes-Filiale in Lindau mindestens vier hochwertige Autos im Wert von über 350000 Euro stehlen. In diesem Fall, der da vor der ersten Strafkammer des Landgerichts verhandelt wurde, kam nur die Spitze eines Eisbergs vor Gericht..." weiter...

20080306

Alternativlos

Völlig überraschend gibt der Chef des größten tschechischen Energiekonzerns und gleichzeitig Betreiber von Temelin zu: "Ich sehe keine Alternative zur Kernkraft"
darüber haben sich wahrscheinlich wieder alle Österreicher gefreut und sich schon heute morgen auf den Weg zu tschechischen Grenze gemacht, um wieder konstruktiv zu demonstrieren ...

Das der Chef von Temelin keine Alternativen zur Kernenergie ist an sich verständlich, aber falls man die Wahl hätte, neben einem Atomkraftwerk zu leben oder neben einem Windrad, dürfte die Entscheidung selbst für Herrn Roman nicht schwer fallen. Das komplette Interview mit OÖNachrichten finden Sie hier ....

Links: Temelin.cz

Obwohl wahrscheinlich in Österreich und Deutschland mehr über das Atomkraftwerk Temelin debattiert wird als in Tschechien existiert keine Englische oder Deutsche Version der Homepage. Da steckt also noch Potenzial in der Außendarstellung und der Kommunikation ...

20080304

divny crisis































Auf Ablehnung mit seiner politischen Haltung stößt in deutschen Medien der wiedergewählte tschechisch Präsident Vaclav Klaus.
Bekannt ist Klaus in Deutschland und Österreich durch seine skeptische Einstellung zur europäische Union und zur kritischen Haltung gegenüber "Übertreibungen" zum Klimawandel.

Nun hat er sich entschlossen an einer Konferenz zum Thema Klimawandel zu beteiligen, die der Spiegel als die "Konferenz der Klimawandel-Leugner" bezeichnet, welche "mit absurden Thesen und Teilnehmern" aufwartet, unter die auch Präsident Klaus fällt. So fällt einem auf, dass der Wandel des Ansehens vom ersten tschechischen Präsidenten Vaclav Havel zu Vaclav Klaus doch sehr gravierend ist.

Somit ist Klaus für den Spiegel einer von einer bunten Zahl von Telnehmern: "Václav Klaus, Präsident Tschechiens, referiert beispielsweise unter dem Titel "Wir sollten keine großen Fehler beim Klimawandel machen." Klaus ist ein bekannter Quertreiber in der Klimapolitik (mehr...). "Die Theorie, dass der CO2-Ausstoß die Ursache für den relativ kleinen Klimawandel bildet, ist für mich absolut falsch", sagte er vor wenigen Wochen in einem Interview mit dem "Handelsblatt". "Das ist keine bestätigte wissenschaftliche Hypothese. Das ist nur eine politische Idee." " ... ganzer Artikel ...

Weitere Links: http://motls.blogspot.com/
Spiegel- Gewiefter Eiferer

Deutsche Bier-Barbaren?

Bekanntermaßen versteht der gemeine Tscheche keinen Spaß, wenn es ums Brot geht. So hält es sich auch bei der flüssigen Variante, dem Pivo.
Der sonst eherzurückhaltende Tscheche steigt bei dieser Gelegenheit gerne auf das hohe Brauereiroß und posaunt es in die Welt: das Beste und Größte und das ... und so weiter, ist doch klar, war doch klar, wird immer so sein, kommt aus Tschechien...
... davon hat sich auch das bekannte Pilsner Uruell inspirieren lassen und ein Kampagne darauf begründet. Die Presse.com breichtet:

"Und fast schon etwas arrogant lässt man ausgerechnet die als Abnehmer wichtigen deutschen Nachbarn in einer Werbekampagne spüren, dass man sie in punkto Bierkonsum für ziemliche Barbaren hält, die erst von den Tschechen Bierkultur zu lernen hätten.

Extra für ganz Deutschland außer Bayern (das dortige Reinheitsgebot für Bier scheint sogar tschechischen Ansprüchen zu genügen) lancierte die Brauerei „Plzenský Prazdroj“ („Pilsner Urquell“) in den vergangenen Wochen eine Werbekampagne für reines Qualitätsbier ohne Zusätze.

In Anspielung auf deutsche (und österreichische) Neigungen zu fertig kaufbaren Variationen à la „Radler“ mit Zusatzgeschmack lästert die Kampagne „Ohne Lemon. Ohne Cranberry. Ohne Bullshit“ für reines Bier ohne Zusätze. In einem anderen Slogan wird der Gedanke sogar ethisch verbrämt: „Die Würde des Biers ist unantastbar“." ... ganzer Artikel

20070927

Budweiser Plastikgullis

Wenn in China Stahl benötigt wird, werden in Budweis die Gullideckel gestohlen. Die Globalisierung macht auch in der heilen südtschechischen Kleinstadtwelt nicht halt, die sich nun vor Schrottdieben schützen muss, die die Sicherheit ihrer Bürger gefährden. So lange der Preis für Plastik nicht steigt, sind die neuen Plastikgullideckel jedoch vorerst sicher.

"Die Witzemacher sind jedenfalls angestachelt. Ihre neue Kreation lautet: `Weshalb regt sich Putin über die bei uns geplante US-Rakentenabwehrstation auf? Das Ding wird maximal drei Tage stehen, bis sich jemand findet, der es in Einzelteilen auf dem nächsten Schrottplatz verscherbelt.' "

Der ganze Artikel findet sich in presse.com

20070924

Per Laken durch Prag

Die trunkene Wahrheit und nichts als die Wahrheit berichtet heute die taz unter einer treffenden Überschrift: "Prag und die Hölle - besetzt von Engländern"

Die berühmt berüchtigten Engländer trifft man als Transvestiten oder Krankenschwestern, als t-shirtlose Männer oder minirocktragende Frauen - egal bei welchem Wetter. Beliebt sind die Pubs im Zentrum mit englischem Fußball und englischen Preisen. All dieses zusammen führt zu Geschichten, von denen der britische Botschafter in Prag nur berichten kann...
"Peter Wickenden, dem britischen Botschafter in Tschechien, bleiben viele seiner Landsleute ebenfalls unvergessen. Neulich klingelte mal wieder das Not-Telefon mitten in der Nacht. Es war ein Ehemann in spe, der nicht nur seine Bezugsgruppe, sondern auch seine Brieftasche verloren hatte und nicht mehr wusste, in welchem Hotel er abgestiegen war. Einmal, so erzählte Wickenden dem Guardian, stand einer vor der Botschaft und war nur in ein Laken gehüllt, weil ihm mitten in Prag seine gesamte Kleidung irgendwie abhandengekommen war. Wie das passiert war, konnte er sich nicht erklären." (ganzer Artikel)

20070921

Prager Botschaft

Ein Anfang vom Ende der DDR war die 54-tätige Besetzung der Prager Botschaft durch Bürger der DDR und deren erfolgreiche Ausreise in die BRD.
Wer sich die Ereignisse in Form einen "Eventmovies" noch einmal vor Augen fürhren lassen will, sollte am Sonntagabend RTL einschalte. Die PResse berichtet vorab nur gutes. So berichtet die Aller Zeitung: "Der Film „Prager Botschaft“, Höhepunkt des jährlichen Fernsehwettstreits um den Preis für den besten TV-Beitrag zum 3. Oktober, ist ein spannendes Stück Zeitgeschichtsfernsehen geworden, ... . 18 Jahre nach den Ereignissen ist es RTL gelungen, aus der letzten Schlacht des Kalten Krieges großes Fernsehen zu machen."

In wie fern sich Tschechen an dieses Ereignis erinnern oder wie es in Tschechien wahrgenommen wurde, ist mir leider nicht bekannt. Falls sich aber jemand (egal woher) noch an diese Zeit erinnert, so würde ich mich über einen Kommentar freuen.

Beitrag des Deutschen Roten Kreuzes zum Film

20070918

Olympische Wäscheständer

Die goldenen tschechischen Hände sind nicht nur ein Mythos. Selbst der legendäre Emil "die Lokomotive aus Prag" Zatopek, passte sich der kommunistischen Mangelgesellschaft an und formte aus Sportgeschichte Wäscheständer und Besen, aber lesen Sie selbst ...

"Manche Medaillen hat Topek (Emil Zatopek) verschenkt, und auch aus dem Rest machte er sich nicht viel. Als eines Tages unser Besen nicht mehr kehrte, nahm Emil meinen Gold-Speer von 1952 von der Wand, schraubte die Spitze ab, schmirgelte ihn zurecht und brachte Borsten an. Was soll ich sagen? Er leistet bis heute gute Dienste." Zuvor hatte Zatopek aus einem Olympia-Speer einen Wäscheständer gebastelt.

Den ganzen Artikel zu Dana Zatopka, der Wittwe von Emil Zatopek, und allen olympischen Wäschständern finden Sie bei ntv.de

20070914

Pavel le Taxi

Wer sich demnächst mal wieder entscheiden sollte, bei einem Kurzbesuch in Prag, ein Taxi zu nehmen, der muss sich leider immer noch vor unkostendeckenden Taxifahrern und trinkgeldaufbessernden Kellner in acht nehmen. Da hilft entweder nur, immer die Karte vorher zu erfragen oder bei einem seriösem Taxiunernehmen eine Fahrt zu bestellen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet (mal wieder) ...
"Oberbürgermeister Pavel Bem, ein führender Mann der konservativen Partei ODS, machte selber schon die Probe aufs Exempel. Vor zwei Jahren kostümierte er sich als italienischer Tourist und stieg in ein Taxi - mal zahlte er das Doppelte, mal das Sechsfache des Erlaubten."

Eines Tages werde ich dir Prag zeigen ...

Nachruf: Karel Lomský (Geb. 1944)

„Eines Tages werde ich dir Prag zeigen.“


„Mit dem Hut in der Hand streife ich umher / in den Gässchen von Prag / und berühre die Steine. / Sie sind rau, aber der Dichter hat sie geküsst.“ – „Wer hat das geschrieben?“, unterbricht die junge Frau Karel. Jaroslav Seifert hat das geschrieben. Karel liest weiter: „Mein ganzes Leben lang hab ich Prag geliebt, / wie es alle unsere Dichter geliebt haben. / Vielleicht noch mehr, weil ich oft unglücklich war.“ Dann bricht er ab, schaut die junge Frau an, sagt: „Eines Tages werde ich dir Prag zeigen.“

20070913

Eastern Gastarbeiteri

Wer immer noch der Vorstellung anhängt, dass es sich bei Tschechien um ein Land von tausenden, auf gepackten Koffern sitzenden, arbeitssuchenden, potenziellen Auswanderen handelt, der sollte sich einmal dem grauen Vollbeschäftigungsalltag in Prag widmen.

Während in Deutschland noch Politiker von der "Vollbeschäftigung" träumen, ist in Prag und anderen Teilen Tschechiens dieser Traum schon wahr. Der Traum kann aber schnell wieder platzen, denn Tschechien leidet genau wie Deutschland an einem mittlerweile erheblichen Fachkräftemangel, der die derzeitige tschechische Regierung, an einem Konzept zur Einführung einer "Greencard" für Nicht-Eu-Fachkräfte arbeiten lässt.


Hierzu berichtet die Berliner Zeitung: "Greencard und Gastarbeiter, die Öffnung der Arbeitsmärkte - auch die Tschechen debattieren längst über die großen Fragen der Globalisierung. Doch fordert die Regierung in Prag etwa die vorzeitige Aufhebung der Übergangsregelungen der alten EU-Staaten, unter dem Druck von tausenden böhmischen Billiglöhnern, die es in den Westen drängt? Kündigt sich ein Exodus tschechischer Arbeitskräfte an?" (ganzer Artikel)

Weitere Artikel zum Thema:

Wiener Zeitung: Tschechien will Green Cards audgeben

OÖNachrichten: Tschechien plant „Green Card“

ORF: Industrie-Nachbar Tschechien

Lesenswertes: Gastkommentar des Historikers und Publizisten Lothar Höbelt in der Wiener Zeitung zum derzeitigen Verhältnis von Tschechien und Österreich

20070423

die kunst der kunstfigur

Die Kunst der Kunst sich selber zu erschaffen, vollendete ein (oder mehrere Künstler) scheinbar mit dem Maler Bohumil Samuel Kecir. Nach Zeitungsberichten soll der Künstler nie gelebt haben, aber seine Bilder wechseln noch heute für mehrere tausend Euro die Besitzer.
"Eine Biografie, laut der der angeblich 1904 geborene Künstler unter Nazis sowie Kommunisten gelitten habe und 1987 in einer Heilanstalt gestorben sei, sei vermutlich völlig erfunden, berichtete die Prager Zeitung «Lidove noviny». Während tschechische Kunstexperten von einem offensichtlichen Betrug sprachen, wies der Wiener «Kecir-Spezialist» Erich Tromayer den Verdacht zurück. Er habe Kecir zwar nicht persönlich gekannt, der Künstler habe aber tatsächlich gelebt, sagte Tromayer, der über den angeblichen Maler ein Buch geschrieben hat. Hingegen hätten Recherchen des tschechischen Fernsehsenders TV Nova sowie der Zeitungen «Hospodarske noviny» und «Respekt» keinen zweifelsfreien Hinweis für die Existenz von Kecir erbracht, hieß es in Prag." (ganzer Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung)

Wo nun der Skandal genau liegt, ist beim zweiten Hinsehen gar nicht mehr so offensichtlich wie man denkt. Denn die Frage lautet: "Wer hätte da wen betrogen?
Betrug wäre doch:
1. Wenn ein anderer sich als eine existierende Person ausgibt um sich persönliche Vorteile/Bereicherung zu erschleichen.
2. Gefälschte Bilder in Umlauf bringt.

Beides scheint aber nicht der Fall zu sein. Hier hat doch bloß jemand eine Kunstfigur geschaffen, die ein Leben lang nur "eigene" Werke produziert und verkauft hat. Für einen Käufer ergibt sich daraus weder ein falscher Wert noch ein Qualitätsverlust. Es belibt immer in der Verantwortung des Käufers rechtmässigkeit des Kaufes zu prüfen." (Leserkommentar in der Wiener Zeitung)

Vielleicht ist es nur ein raffinierter Betrug an unserer Markenkultur?

Links: ausführlicher Artikel in Die Welt - Der Maler den es nie gab
Wikipedia -
Bohumil Samuel Kecir

20070419

Cuneks Weisheiten

Eine Anleitung wie man sich am besten Sozialleistung in Tschechien erschleicht, veröffentlichte der Vorsitzende der Christdemokraten Jiri Cunek in einem Interview mit der tschechischen Bild-Zeitung "Blesk":

Die Schritte zum Erfolg:

1. Lassen Sie sich kräftig bräunen!

2. Veranstalten Sie mit Ihrer Familie einmal richtig Chaos!

3. Machen Sie ein Feuer auf dem Marktlatz Ihrer Heimatstadt!


Die Preisfragen: Welche Sprache müssen Sie noch beherrschen, um Punkt 1 - 3 erfüllen zu können?

Wen hat Herr Cunek als "Geschwür" bezeichnet, das "Dreck macht"?
Welche Bürger mit Mietrückstand hat Herr Cunek zwangsumsiedeln lassen?
Wem auf Anhieb keine Antworten einfallen, hat die Möglichkeit das Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdacht zu verfolgen, da Herr Cunek die Herkunft von fast einer halben Million Kronen (17.879 Euro) nicht erklären kann, die er von einer Immobilenfirma für die Bevorzugung bei einem Auftrag erhalten haben soll.

Den Blick frei auf den Zustand der tschechischen Gesellschaft und auf die politische Klasse machen die tschechische Zeitungen "Hospodarske noviny" und "pravo".
Zitiert von Radio Prag:

" ´Die Hospodarske noviny verweisen darauf, dass es dort, wohin Cunek - damals noch als Bürgermeister von Vsetin - die Roma umgesiedelt hat, nämlich nach Vidnava / Weidenau, dass es dort sogar ein "Weißer" schwer habe Arbeit zu finden. Weiter heißt es:
"Darüber hinaus ist Cuneks Ratschlag, sich zu bräunen, riskant: Zu stark gebräunten Tschechen könnte es leicht passieren, dass sie in Ostrava / Ostrau nicht mehr in die Restaurants gelassen werden (wie die drei Roma, die vergangene Woche eine Entschuldigung vor Gericht erstritten haben). Und zu stark gebräunten Tschechinnen könnte es passieren, dass der Arzt sie nach einer Entbindung sterilisiert, falls es ihm scheint, dass sie irgendwie schon ziemlich viele Kinder haben (wie Helena Ferencikova, der das nicht zu kommunistischen Husak-Zeiten, sondern im Jahre 2001 passiert ist). Cunek sollte den Leuten etwas empfehlen, was man sich - im Unterschied zur Hautfarbe - wirklich aussuchen kann. Zum Beispiel eine Mitgliedschaft bei den Christdemokraten. In den großen Parteien funktioniert schon ein Selbstreinigungs-Mechanismus. Aber bei den Christdemokraten kann man noch labern, was einem einfällt und dabei, mit einem polizeilichen Ermittlungsverfahren am Hals, in der Regierung sitzen. Die Partei lässt einen nicht fallen.'

Die linksliberale Tageszeitung Pravo lenkt den Blick von Jiri Cunek auf die gesamte tschechische Gesellschaft:
'Wie auch immer Vizepremier Cunek endet - ob mit einem Auftrittsverbot für die politische Bühne wegen rassistischer Äußerungen, oder im Gefängnis wegen Korruption oder - im Gegenteil - vielleicht sogar auf der Burg als Megafon für die einfachen, radikalen und beliebten Pseudo-Lösungen komplexer Probleme. Seine Rolle hat er schon erfüllt: Ohne es zu beabsichtigen, zeigt er beinahe umfassend, wie es um die tschechische Gesellschaft und die große Politik bestellt ist.' "
Quellen:

20070418

Intime Erleichterung

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung wird die Situation im Grenzgebiet passend auf den Punkt gebracht. Über intime Erleichterung bayrischer Kunden und garantiert gefälschte Markenware, zeigt sich ein Bild Tschechiens, dass mit dem Rest dieses Landes oft nur wenig gemeinsam hat.

"... In dem nur knapp vier Kilometer vom Grenzübergang Philippsreut entfernten Ort dominieren, wie fast überall im böhmischen Grenzland, heruntergekommene Verkaufsbuden das ohnehin karge Ortsbild: Asiatische Händler bieten garantiert gefälschte Markentextilien und original Schwarzmarkt-Videodiscs mit den neuesten westlichen Kinohits in übelster Qualität zu Schleuderpreisen an, dazu in rauen Mengen Zigaretten von zweifelhafter Herkunft. ...
Neben den Buden residieren in heruntergekommenen Häusern allerlei Massageclubs, in denen der männlichen Kundschaft, vorzugsweise aus dem nahen Bayern, sehr offensichtlich intime Erleichterung versprochen wird. ..."

Es wird hier auch treffend die Frage gestellt: "Es ist bemerkenswert, dass sich derartige Zusammenballungen von mutmaßlicher Schieberware und offenkundigen Urheberrechtsverletzungen in einem Mitgliedsland der EU bis heute halten können. Solche Asiatenmärkte gibt es nun immerhin schon im 17. Jahr." (ganzer Artikel auf sueddeutsche.de)

Korruption? Überlasteter Zoll? Angst vor dem Wegbleiben deutschen Grenzgänger?